zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Ausrüstung vom Feinsten

Bewährung für Hobbyfischer wegen Betruges

Ein schnöder Wurm durfte es nicht sein. Karsten K.* (36) bevorzugte Köder vom Feinsten, damit ihm die Fische an den Haken gingen. Und auch sonst musste alles Markenqualität besitzen, was man so zum Angeln braucht. Kein Problem, wenn man Geld hat. Doch der Hobbyfischer lebte von Hartz IV. Da kam ihm die Idee, den Versandhandel zu prellen. Das Unternehmen lieferte das Bestellte pünktlich, blieb dann allerdings auf seinen Kosten von rund 1100 Euro sitzen. Weil Karsten K. den Lieferanten über seine Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit täuschte, verurteilte ihn das Amtsgericht jetzt wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Außerdem hat er den angerichteten Schaden samt Zinsen – inzwischen knapp 1200 Euro – zu begleichen und 80 Stunden unentgeltlich zu arbeiten. Die Strafe fiel so drastisch aus, da der Potsdamer schon mehrfach wegen Diebstahls, aber auch wegen Vortäuschens einer Straftat, Unterschlagung oder Trunkenheit im Verkehr auf der Anklagebank saß.

Zwischen Mai und Juli 2011 orderte Karsten K. bei dem Versandhaus unter diversen Falschnamen eine hochwertige Angelrute, Kunstköder, eine Geflechtsschnur, eine Multifunktionsuhr sowie ein Zelt samt Liege, um in der Nacht bequem darauf warten zu können, dass die ersehnten Karpfen beißen. Dem geprellten Versandhaus mangelte es allerdings an Verständnis für die Mentalität des Anglers. Es stellte Strafanzeige gegen den Mann. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung Am Schlaatz stellte die Polizei die gesamte Angelausrüstung sicher. Die Lieferfirma wollte sie aber nicht zurückhaben, da sie bereits gebraucht war.

„Eine billige Angelrute gibt es schon für zehn Euro. Aber ich wollte etwas Besonderes“, räumte der Angeklagte, der seit seinem achten Lebensjahr angelt, unumwunden ein. „Ich habe ja auch immer gehofft, dass ich irgendwann wieder Arbeit bekomme. Dann hätte ich alles bezahlt.“ Statt dessen sei sein Schuldenberg gewachsen. Die bestellte Uhr habe er verkauft, um einige Verbindlichkeiten zu begleichen, berichtete der Ungelernte.

„Ist doch klar, dass die Sache irgendwann auffliegt, wenn man nicht bezahlt“, warf die Richterin ein. „Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass der Gerichtsvollzieher demnächst vor der Tür stehen kann? Zum Zeitpunkt der Bestellungen habe er sich nichts dabei gedacht, sagte der Langzeitarbeitslose. Da anfangs alles gut ging, konnten auch eine offene Bewährung und einige Monate hinter Gittern wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe Karsten K. nicht bremsen.

„Mein Mandant hat die Taten von Anfang an gestanden“, betonte der Verteidiger. Bei dieser „zwingenden Beweislage“ sei ihm kaum etwas anderes übrig geblieben, konterte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Da sich der Alkoholgewohnte von Geldstrafen offenbar nicht schrecken lasse, sei eine Freiheitsstrafe – wenn auch auf Bewährung – zwingend nötig. Ganz geknickt verließ der Mann den Gerichtssaal allerdings nicht. Die bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Utensilien müssen ihm schnellstmöglich ausgehändigt werden. (*Name geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false