zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Bernsteinzimmer für immer verloren

Schlösserdirektor Burkhardt Göres: Bei der Eroberung Königsbergs am Kriegsende vernichtet

Schlösserdirektor Burkhardt Göres: Bei der Eroberung Königsbergs am Kriegsende vernichtet Die Schatzgräber können ihre Spaten wegstecken: Sie werden das legendäre Bernsteinzimmer weder in Thüringen noch in Sachsen finden und auch nicht auf dem Grund der Ostsee. Das einmalige Kunstwerk ist für immer verloren. Der Schlösserdirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Dr. Burkhardt Göres, sieht keinen Grund, an den Aussagen des damaligen Direktors der Königsberger Kunstsammlungen, Alfred Rohde, zu zweifeln. Nachdem bei den alliierten Bombenangriffen im August 1944 einige Paneele des Bernsteinzimmers zerstört worden waren, ging das Kunstwerk zusammen mit dem Schloss im April 1945 bei der Belagerung und Erstürmung des an allen Ecken brennenden Königsbergs durch die Rote Armee unter. Das hat der mit der Sicherstellung der Kunstschätze beauftragte sowjetische Kunsthistoriker Alexander J. Brjussow bestätigt. Rohde zeigte ihm die Reste der verbrannnten Täfelungen. Brjussow kam zu der Feststellung, dass „leider sowohl das Bernsteinzimmer als auch die Keyserling-Möbel verbrannt waren“. Allerdings wurde der Kunsthistoriker gezwungen, seinen Bericht zu widerrufen, der dann 30 Jahre unter Verschluss lag. Zudem versucht die russische Seite bis heute, Alfred Rohde als „fanatischen Nazi“ abzustempeln und seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Doch wenn auch wie damals vorgegeben unter Rohdes dienstlichen Schreiben „Heil Hitler!“ stand, war er wohl eher ein engagierter Museumsfachmann im Dienste der Potsdamer Schlösserverwaltung, dem die Königsberger Kunstsammlungen damals unterstanden. Dies unterstrich Göres jetzt in einem Vortrag, den er vor der Studiengemeinschaft Sanssouci hielt. Das Verschweigen wesentlicher Informationen gab der Schatzssuche nach dem Bernsteinzimmer Auftrieb, an der auch die Staatssicherheit der DDR durch Oberst Paul Enke maßgeblich beteiligt war. Erst 1997 gelang es, einen wichtigen originalen Bestandteil aufzufinden. Über einen Anwalt bot ein ehemaliger Wehrmachtssanitäter eines der aus Halbedelsteinen geschliffenen Florentiner Mosaike des Bernsteinzimmers an. Der Leitende Kriminaldirektor der Potsdamer Polizei, Peter Schultheiß, fuhr als angeblicher Käufer nach Bremen und beschlagnahmte das Kunstwerk. Als Experten nahm er Göres mit, der die Echtheit prüfen sollte. Zuvor hatte sich der Potsdamer Schlösserdirektor mit den St. Petersburger Kollegen beraten, die für Zarskoje Selo das Bernsteinzimmer rekonstruierten. Die Halbedelsteine des Mosaiks, wurde ihm anhand eines Originalfotos erläutert, haben Einschlüsse, die sich bei einer Fälschung oder Kopie nie punktgenau wiedergeben lassen. Bei dem in Bremen angebotenen Kunstwerk stimmten sie aber überein – Beweis der Echtheit. Auf die Spur des Kunstschatzes führte diese Entdeckung jedoch nicht. Der Sanitäter hatte das Mosaik bereits 1942 beiseite geschafft, als die Wehrmacht das Bernsteinzimmer aus dem Katharinenpalais in Zarskoje Selo raubte. Auch darüber gibt es eine Aufzeichnung Rohdes, der das Fehlen des Mosaiks beim Eintreffen in Königsberg beklagt. Für den Potsdamer Kunsthistoriker ist das Bernsteinzimmer, das 1716 als Geschenk des Königs Friedrich Wilhelm I. an Zar Peter I. nach St. Petersburg ging, bereits seit Jahrzehnten Forschungsthema. In der jetzt rekonstruierten Größe und Pracht hat es das Zimmer in Preußen nie gegeben. Es wurde für den Einbau im Katharinenpalais von Bartolomeo Francesco Rastrelli ab 1755 auf das Sechsfache vergrößert. Seine Anfänge liegen bei König Friedrich I., der ab 1701 den Dänen Gottfried Wolffram beauftragte, Wandtäfelungen für ein Bernsteinkabinett in Schloss Charlottenburg anzufertigen. Darus wurde aber nichts. Wolfframm wurde, weil er nicht schnell genug vorankam, 1706 entlassen und durch zwei neue Bernsteinschneider aus Danzig, Gottfried Turau und Ernst Schacht, ersetzt. Nunmehr sollte ein Raum im Schloss Oranienburg auf diese Weise ausgestattet werden, aber auch das blieb ein Vorhaben. Die bereits fertig gestellten Täfelungen wurden in die Berliner Rüstkammer geschafft. Dort, hat Göres recherchiert, wird Zar Peter sie erstmals gesehen haben, der bei seinen Europareisen mehrfach Berlin und Potsdam besuchte. Als er 1716 in Havelberg ein Kriegsbündnis mit dem preußischen König schloss, bekam er das inzwischen im Berliner Stadtschloss eingebaute Zimmer ebenso wie die in Potsdam liegende königliche Lustyacht „Liburnica“ zum Geschenk. Gegengabe waren bekanntlich 55 hochgewachsene Russen, die der Soldatenkönig als „Lange Kerls“ in sein Leibregiment eingliederte. Im Vorjahr wurde zum Stadtjubiläum von St. Petersburg das erneuerte Bernsteinzimmer eingeweiht. Auch daran hat Göres Anteil, der in die Expertenkommission für die Rekonstruktion berufen worden war. In seinem Vortrag würdigte er die Wiedergewinnung des Kunstschatzes als herausragende Leistung der russischen Kunsthistoriker, Restauratoren, Stein- und Bernsteinschneider.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false