zum Hauptinhalt

Homepage: Blinde Liebe

HFF-Dozent Bodo Fürneisen dreht mit Studierenden der Babelsberger Filmhochschule in Potsdam und Berlin den Film „Talfallzug“

Maximilian Klas liegt am Hang eines kleinen Hügels. Der Kameramann hockt für eine Nahaufnahme dicht neben dem Schauspieler. Es ist kalt in der Potsdamer Parforceheide. Doch das hält das Filmteam der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) nicht davon ab, ihr Drehprojekt umzusetzen. Außerhalb des Blickfelds der Kamera sind Decken ausgelegt, die Darsteller und Team gegen den eisigen Boden schützen sollen. Bodo Fürneisen, Dozent für Schauspiel an der HFF und bekannter TV-Regisseur, kann der Situation das Beste abgewinnen. „Du kannst ruhig öfter atmen, das sieht gut aus“, sagt er lachend zu dem HFF-Schauspielstudenten Maximilian Klas, dessen Atem in der kalten Luft wie Rauch aufsteigt.

„Talfallzug“ soll der fertige Film später heißen. Der Name geht auf eine Judowurftechnik zurück, bei der der Akteur seinen Partner aus dem Gleichgewicht bringt und mit sich zu Boden reißt. Die Sportart spielt in dem Film eine große Rolle. Die sehbehinderte Tina praktiziert Judo für Blinde. Als Tina von Jakob, einem angehenden Journalisten, dazu interviewt wird, verlieben sich die beiden. Dass Jakob farbig ist, erfährt Tina erst später. Die Probleme sind nun vorprogrammiert. Tina, deren Bruder Balder in einer rechten Burschenschaft aktiv ist, macht Schluss mit Jakob. Doch die beiden können ihre Gefühle nicht verleugnen. Balder erfährt zufällig von der Beziehung. Getrieben von Rachegefühlen will er Jakob einen Denkzettel verpassen. Die Szene, die unlängst in der Parforceheide gedreht wurde, zeigt, wie Balder seinen Plan, Jakob mit einer Bombe zu schaden, vorbereitet.

Neben dem Darsteller Maximilian Klas, Regisseur Bodo Fürneisen und dem Kameramann Michel Unger kommt fast die Hälfte des etwa 20-köpfigen Drehteams von der HFF. Einer von ihnen ist der Produktionsstudent Robert Stürze, der mit einer Kommilitonin die Produktion des Films übernommen hat. „Wir arbeiten hier alle freiwillig und honorarfrei“, sagt Stürze. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Claudio Winter, der im dritten Jahr an der HFF studiert. „Ich bin gespannt, wie das Drehbuch jetzt filmisch umgesetzt wird“, sagt Schauspieler Maximilian Klas.

Hintergrund des Projekts „Talfallzug“ ist die sogenannte Filmwahlrolle. Schauspielstudierende der HFF können eine Rolle ihrer Wahl verwirklichen und sie von der Ideenfindung bis zur Durchsetzung des Projekts gestalten. Für die drei Hauptdarsteller Janina Stopper (Tina), Jonathan Gyles (Jakob) und Maximilian Klas (Balder) stellt das Projekt die letzte große Filmwahlrolle vor ihrem Abschluss dar. Nachdem Regisseur Bodo Fürneisen für das Vorhaben gewonnen werden konnte, fand sich der Rest des Teams schnell zusammen. „Die Thematik hat mir sehr gefallen und so habe ich die Studierenden von Anfang an begleitet“, erzählt Fürneisen. Der HFF- Dozent hat selbst an der Potsdamer Filmhochschule studiert. Er ist bekannt durch seine Regiearbeit in TV-Produktionen wie dem ARD-Drama „Komasaufen“ (2013) und verschiedene Tatort-Krimis.

Am heutigen Freitag werden die Dreharbeiten zu Ende gehen, gut eine Woche hat das Team der HFF dann in Potsdam und Berlin gedreht. „Man muss viel improvisieren“, so der angehende Produzent Stürze. Den Studierenden steht zwar Material und Unterstützung von der HFF zur Verfügung, Dinge wie Requisiten seien allerdings sehr teuer. Um mehr Spielraum zu haben, haben die HFF-Studierenden Sponsoren angefragt. So erhält das Filmteam zusätzliche finanzielle Unterstützung, unter anderem auch von Blinden-Organisationen. Wichtig ist den Studierenden auch das Sachsponsoring: Eine Firma hat zum Beispiel eine Palette Cornflakes zur Verpflegung geschickt.

In der Parforceheide wird nach der Hügelszene umgebaut. Das Team steht um ein lagerfeuerähnliches Konstrukt herum. Hier soll wenig später die Explosion stattfinden, wenn Balder die Bombe zündet. Für die Explosion wurde eigens ein Pyrotechniker hinzugezogen. „Eigentlich macht man das nicht mit echtem Holz, es gibt extra Fake-Holz für solche Zwecke“, erklärt der Experte. Doch das kostet um die 2000 Euro. Balder versteckt die Bombe in dem Lagerfeuer. Da die Explosion von echtem Holz riskant ist, muss das Filmteam in der betreffenden Szene Abstand halten. Von der bevorstehenden Bombenexplosion lassen sich die Filmleute allerdings nicht schrecken. Sie nehmen es vielmehr mit Humor. „Hallo Bombe, bitte melden“, ruft Fürneisen, bis die Requisiteurin die Bombenattrappe ans Set bringt.

Kurz darauf findet sich Maximilian Klas als Balder ein zweites Mal am Hang des kleinen Hügels aus der ersten Szene wieder. Von hier aus wird, vor Gefahren geschützt, die Explosion mit Balder im Vordergrund gefilmt. Allzu lang muss er es diesmal jedoch nicht mit dem kalten Boden aufnehmen. Die Szene wird nur einmal gedreht, schließlich kann eine Bombe auch nur einmal explodieren.

Clara Neubert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false