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Landeshauptstadt: Bombenalarm per Radio

Die „Himmlischen Vier“ erinnerten am Nauener Tor an Potsdams Zerstörung

Anlässlich der Bombardierung Potsdams vor 61 Jahren strahlte gestern Abend das Radio „Himmlische Vier“ auf 95,2 MHz einen einstündigen Bombenalarm aus: Die Sirenenklänge wurden besonders laut am Platz vor dem Nauener Tor aufgedreht. Dort fand ab 20 Uhr eine Kundgebung mit rund 200 Teilnehmern statt. Viele hatten Kofferradios und Ghettoblaster mitgebracht. Veranstalter war das Aktionsbüro „Das Begräbnis oder die Himmlischen Vier“ mit Unterstützung der Potsdamer Linkspartei.PDS.

Zu Beginn wurde per Lautsprecher eine fiktive Rede ausgestrahlt, zitiert aus dem Kriegstagebuch des britischen Bomber Command, bei der der Angriff vor 61 Jahren geschildert wurde. Bei der letzten großen Bombardierung einer deutschen Stadt während des Zweiten Weltkriegs war die historische Altstadt Potsdams fast völlig zerstört worden. „Wir wollen zum Nachdenken anregen, ob nicht die Gefahr droht, dass Deutschland wieder ein Störenfried in der Weltpolitik wird“, sagte Stefan Eggerdinger, Sprecher des Berliner Aktionsbüros. In so einem Fall dürften sich die Menschen nicht wieder auf die Seite des eigenen Landes stellen.

Unter dem Veranstaltungsmotto „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ sprach sich auch der PDS-Bundestagsabgeordnete Heinrich Fink gegen eine Militarisierung deutscher Außenpolitik aus. Seine Teilnahme war im Vorfeld der Kundgebung vom Potsdamer Kreisverband der Grünen wegen Finks Stasi-Verstrickungen zu DDR-Zeiten kritisiert worden. Wer zu solchen Anlässen Personen einlade, die maßgeblich an einem düsteren Kapitel deutscher Geschichte beteiligt waren, relativiere das in der DDR begangene Unrecht, hatte Grünen-Kreisvorsitzender Jürgen Stelter gesagt. „Herr Fink hat sich seit Jahren gegen Kriege engagiert, dass steht für mich im Vordergrund, nicht seine DDR-Vergangenheit“, sagte Eggerdinger.

Mit der gestrigen Aktion ist das Engagement der „Himmlischen Vier“ in Potsdam jedoch noch nicht beendet. Die eigentliche Hauptaktion startet am 13. Mai ab 15 Uhr. Dann soll vor dem Berliner Reichstag symbolisch der immer wieder auferstehende deutsche Soldat in Gewahrsam genommen werden – die Wahl der Figur geht dabei auf das Bertolt Brecht-Gedicht „Die Legende vom toten Soldaten“ zurück. Am Abend des 13. Mai soll ab 19 Uhr ein originaler B17-Bomber über Potsdam kreisen – angeleuchtet vom am Boden befindlichen Flakscheinwerfern. Er sei optimistisch, dass in diesem Jahr das Projekt endlich stattfinden könne, so Eggerdinger vom Aktionsbüro. Umstritten sei im Prinzip nur noch die Flughöhe des Bombers über der Stadt.

Der letzte Aktionstag der „Himmlischen Vier“ beginnt am 14. Mai ab der Glienicker Brücke um 11 Uhr – dort sollen vier Veteranen der damaligen Siegermächte die Figur des „deutschen Soldaten“ übernehmen. Um 15 Uhr wird schließlich am Glockenspiel beim Platz der ehemaligen Garnisonkirche der „deutsche Soldat“ endgültig begraben.

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