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Landeshauptstadt: Brandsätze aus Frust geworfen

Vier Jugendliche gestehen Brandanschlag / Bürgerhaus schließt drei Monate

Groß Glienicke - Der Brandanschlag auf das Begegnungshaus in Groß Glienicke am frühen Donnerstagmorgen war offenbar nicht politisch motiviert. Bereits am selben Tag hat die Polizei dank Zeugenaussagen vier Jugendliche aus Groß Glienicke festgenommen. Laut der zuständigen Krinimaloberkommissarin Hildburg Priske haben die 16- bis 18-Jährigen mittlerweile gestanden, zwei Molotowcocktail durch das Küchenfenster des Gebäudes in der Dorfstraße geschleudert zu haben. Der Polizei haben sie angegeben, die Tat betrunken aus „Frust“ begangen zu haben, weil sie des Jugendclubs im Haus verwiesen worden seien.

Sie sei „entsetzt und enttäuscht“ über den Anschlag, sagte Sozialbeigeordnete Elona Müller gestern vor Ort: „Das macht die Arbeit kaputt.“ Sowohl Müller als auch die Leiterin des Treffs, Eileen Leopold, zeigten sich aber erleichtert darüber, dass sich die „Gewaltspirale von 2004“ nicht weitergedreht habe. Vor zwei Jahren hatte es im Ortsteil Groß Glienicke immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen deutschen Jugendlichen und jungen Spätaussiedlern gegeben. Leopold und Müller hatten deshalb befürchtet, dass der Anschlag einen politischen oder ausländerfeindlichen Hintergrund haben könnte. Denn auch fünf russlanddeutsche Jugendliche besuchen das Begegnungshaus regelmäßig. Doch diese haben mit dem Brand vor zwei Tagen nichts zu tun, versicherte Oberkommissarin Priske.

Dem Anschlag waren nach Angaben der mutmaßlichen Täter Streitigkeiten vorausgegangen. Auch Hausleiterin Leopold erinnert sich daran, dass sich Ende Januar zwei Jugendgruppen in ihrem Haus gegenseitig vorgeworfen hatten, zu laut Musik zu hören. Zunächst hätten sie sich „nur mit Worten gefetzt“. Dann hätte jemand die Sicherungen rausgedreht. Ein Jugendlicher habe daraufhin mit der Hand auf den CD-Player der anderen geschlagen. Dabei sei das Gerät kaputt gegangen. Zwar hätten drei der beteiligten Jugendlichen das Gebäude verlassen, so Leopold. Ein Hausverbot hätte sie aber nicht erteilt.

Die vier jetzt Beschuldigten sind der Polizei bereits durch „Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und Sachbeschädigungen durch Schmierereien“ bekannt. Zwei ihrer selbstgebauten Brandsätze hatten am Donnerstag zwischen 4 und 6 Uhr einen Schrank in der Küche im Erdgeschoss des Begegnungshauses entzündet. Das Feuer entwickelte sich zu einem Schwelbrand, den die Feuerwehr gegen 8 Uhr gelöscht hatte.

Obwohl die Flammen nur in der Küche gewütet hatten, verteilte sich der Ruß selbst durch die geschlossenen Türen im ganzen Haus: „Alles muss raus“, so Leopold: „Tapeten, Teppiche, Polstermöbel.“ Alles und jedes im Haus ist mit einer schwarzen Schicht bedeckt – die Fotos an den Wänden, Sessel, Regale und die Bücher darin, Computer und sogar der Tulpenstrauß auf dem Tisch in Leopolds Büro im ersten Stock. Nur der Keller blieb verschont. Mit rund 20 000 Euro Gesamtschaden rechnet Leopold bisher. Ein Sachverständiger des Hauseigentümers Kommunaler Immobilienservice (KIS) habe sich den zerstörten Treffpunkt noch am Donnerstag angesehen. Weil die Rußpartikel Gesundheitsschäden verursachen könnten, muss wahrscheinlich eine Spezialfirma das Gebäude renovieren, das die Jugendlichen einst selbst saniert hatten.

Voraussichtlich ein Vierteljahr werde das Haus komplett geschlossen bleiben müssen. Deshalb wollen die Groß Glienicker nun Ausweichquartiere suchen. Und Leopold wird einen „Notbetrieb des Jugendclubs“ in der benachbarten „Villa To“ einrichten. Denn „die 30 bis 40 Jugendlichen, die täglich hierher kommen, passen nicht in einen Raum“, so Leopold. Für sie sei es so „als wäre das Zuhause abgebrannt“. Darum hätten alle jungen Gäste des Hause ihre Mithilfe bei dessen Renovierung und Reparatur zugesichert. Neben der Stadtverwaltung hätten auch viele Bürger des Ortsteils bereits Hilfe und Spenden angeboten, so Ortsbürgermeisterin Doris Maria Langenhoff.

Die vier geständigen Jugendlichen befinden sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Doch die Ermittlungen wegen „schwerer Brandstiftung“ dauern an.

Spenden können auf das Konto des Begegnungshauses überwiesen werden: Kontonummer: 350 2000 238, Mittelbrandenburgische Sparkasse, BLZ: 160 500 00.

Juliane Wedemeyer

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