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Freimaurer nehmen sich aber gern Unbeugsame zum Vorbild. Logengründer Frank Eckhard Krauß vor einem Porträt Henning von Tresckows.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: „Bruder Scharnhorst, Bruder Gneisenau“

Neue Feld- und Militärloge der Freimaurer ehrte Namensgeber Henning von Tresckow / 200 Gäste bei Gründungsakt

Geltow - Wegen der aufwendigen Kassettendecke ist das zur NS-Zeit entstandene Haus „ein typisches Luftwaffenkasino“, stellt Frank Eckhard Krauß fest. Dann prüft er, ob das Mikrofon funktioniert. Krauß hat am Sonntagabend ins Offizierskasino des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr nach Geltow geladen. Es ist der Vorabend des 110. Geburtstages Henning von Tresckows, Namensgeber einer neuen, von Krauß gegründeten Feld- und Militärloge der Freimaurer.

Dass die Stirnseite des Saales ein großes Schlachtgemälde ziert, passt durchaus zum Anlass. Das Bild zeigt die Schlacht bei Leuthen am 5. Dezember 1757. Ein Jahr später; noch immer folgte im Siebenjährigen Krieg Schlacht auf Schlacht; gründeten französische Kriegsgefangene unter dem Namen „La Fidelité“ (Treue) eine Kriegsgefangenenloge, auf die Krauß in seiner Rede Bezug nimmt. Freimaurerlogen, sagt Krauß, „sind immer Hort der Versöhnung“; in ihnen versuchten die Mitglieder, Brüder genannt, „Mauern abzubauen, die durch Ideologien und Konfessionen zwischen den Menschen entstanden sind“. Angesichts weiterer Gemälde im Offizierskasino, Porträts preußischer Generäle, erinnert Krauß daran, dass der Kreis derer, die einst die preußische Armee „revolutionierten“, fast ausschließlich aus Freimaurern bestand – aus „Bruder Scharnhorst, Bruder Gneisenau“. Henning von Tresckow, Widerständler des 20. Juli, war dagegen kein Freimaurer. Krauß: „Freimaurer nehmen sich aber gern Unbeugsame zum Vorbild.“

Von Tresckow „ist der bedeutendste Militär des Widerstandes“, erklärt der Kommandeur des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Rainer Glatz. Nur Wenige hätten „den Schritt von bloßer Kritik zur Tat gewagt“, so Glatz, der die Bedeutung des gescheiterten Bombenattentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 für die Bundeswehr hervorhob. Soldaten bräuchten ein solides ethisches Fundament – das „Unrechtsregime des dritten Reiches“ könne jedoch keine ethische Erinnerungstradition begründen. Einzig der 20. Juli 1944 könne herangezogen werden für „eine Tradition, auf die wir stolz sein können“, erklärt der General. Dass Henning von Tresckow schrieb, es komme gar nicht mehr auf den Erfolg der Tat an, sondern nur, sie überhaupt gewagt zu haben, zeige „die Weitsicht des Widerstandes“. Glatz: „Diese Tat gab Deutschland die Würde wieder“. Und weiter: „Am 20. Juli 1944 wurde der Grundstein gelegt für eine Bundeswehr, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzt.“ Das geschehe derzeit in zehn Einsätzen auf drei Kontinenten. Ob „auf dem Balkan, in Afghanistan oder am Horn von Afrika – der Abwehr von Terror und Gewalt muss sich Deutschland auch außerhalb deutscher Grenzen stellen“. Logengründer Krauß hatte allerdings im Vorfeld des Gründungsfestaktes gegenüber den PNN erklärt, die Feld- und Militärloge stehe auch für Kriegsdienstverweigerer offen und somit für Menschen, die in Opposition zu der Ansicht des Generalleutnants stehen. Und zwar deshalb, weil das Grundgesetz Kriegsdienstverweigerung zulasse und die Loge fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, so Krauß.

Die Bedeutung eines „moralischen Betriebssystems“ in der Politik, wie es von Tresckow hatte, erläuterte der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum. 1994, nach dem Putsch in Ruanda, habe die USA gesagt, „das geht uns nichts an“. „Dann waren zwei Millionen Menschen tot“, mahnte Kornblum. Das 21. Jahrhundert, schätzt der Diplomat, „wird anfällig sein für Fehleinschätzungen“, die Geschichte werde „nie enden“. Angesichts der Schwäche des Euros warnt Kornblum vor Gefahren: „Provinzialismus bringt Nationalismus“.

Letzter Redner des Abends ist Wilfried von Tresckow, Nachfahre des Widerständlers. Er erinnert daran, dass sein Ahn ein feingliedriger Mensch gewesen sei, der sich nur dank seines Willens durchsetzen konnte, gemäß dem Wappenspruch der Familie: „Treu und zäh.“ Der Stuttgarter verteidigte den Offizier vor dem Vorwurf der „verzögerten Moral“. Das sei „eine gezielte Böswilligkeit“ und zeige das Unvermögen, sich in den Zwiespalt hineinzudenken, in dem sich ein deutscher Offizier in dieser Zeit befand. Guido Berg

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