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Landeshauptstadt: Bürgerarbeit statt Harz IV?

Arbeitsmarkt-Experten geben dem Modell aus Bad Schmiedeberg in Potsdam keine große Chance

Bürgerarbeit ist für Potsdam keine Lösung: Arbeitsmarktexperten gehen davon aus, dass das Modellprojekt in dem sachsen-anhaltinischen Bad Schmiedeberg nicht oder nur teilweise auf die brandenburgische Landeshauptstadt übertragbar ist. Dennoch ist der neue Weg aus der Arbeitslosigkeit auch hier Gesprächsthema. Die Landespolitiker von CDU und SPD diskutieren bereits, ob Bad Schmiedeberg als Vorbild für brandenburgische Städte und Landkreise taugt.

Seit Dezember 2006 geht die 4200-Seelen-Gemeinde im Nachbarland durch die Medien. Denn sie hat Hartz IV abgeschafft und so die Zahl der Arbeitslosen halbiert. Statt auf Arbeitslosengeld II setzt die Kommune nun auf Bürgerarbeit. Das heißt: Rund 80 ehemalige Langzeitarbeitslose helfen 30 Stunden in der Woche der Freiwilligen Feuerwehr, der Kirche oder lesen Altenheimbewohnern Geschichten vor – alles für ein richtiges Gehalt, für rund 800 Euro im Monat. Bezahlt wird das Geld aus einem Topf von Arbeitsagentur, Bund und dem Land.

Bad Schmiedeberg hat seine Arbeitslosenquote dank der Bürgerarbeit von knapp 16 auf rund sieben Prozent gesenkt. Doch in Potsdam sei dieser Erfolg nicht wiederholbar, glaubt Potsdams Arbeitsagentur-Chefin Edelgard Woythe. Die Zahl der Betroffenen sei einfach zu unterschiedlich: In der Modellkommune leben gerade einmal 131 Arbeitslose, in Potsdam sind es etwa 8000. Trotzdem könnte sie sich auch in der brandenburgischen Landeshauptstadt Bürgerarbeit für Langzeitarbeitslose vorstellen – als eines von vielen möglichen Instrumenten, um Menschen in Arbeit zu bringen. Frank Thomann, Geschäftsführer der Paga (Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender), hält das Modell ebenfalls „in kleinem Rahmen durchführbar“. Zudem gebe es in Potsdam laut Woythe „genug sinnvolle Tätigkeiten“. Erlaubt sind allerdings nur solche Arbeiten, die dem Gemeinwohl dienen und die sonst niemand erledigen würde. Das klingt nach Ein-Euro-Job und Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Der Meinung ist zumindest Woythe. Der einzige „wirkliche Unterschied“ sei, dass die Bürgerarbeiter in Bad Schmiedeberg Sozialversicherungsbeiträge zahlen und ihre Arbeitsplätze längerfristig erhalten bleiben. Das sei das Positive daran, findet die Agenturchefin. Vor allem Arbeitslose ohne echte Chance auf einen richtigen Arbeitsplatz könnten davon wenigstens menschlich profitieren. Finanzielle Vorteile biete die Bürgerarbeit jedoch kaum. Der Bund spare nichts,so Woythe. Und die Betroffenen haben am Monatsende teilweise weniger Geld auf dem Konto als mit Harz IV.

Doch zunächst laufe das Bad Schmiedeberger Modellprojekt ohnehin erst ein Jahr zur Probe – wissenschaftlich begleitet. Zu entscheiden, ob Bürgerarbeit später auch in Potsdam Jobs schaffen soll, sei aber Aufgabe der Politiker. just

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