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Landeshauptstadt: damit die Seele entweichen kann

Sie erfüllt Bestattungswünsche: Potsdams Friedhofsverwaltung versteht sich als Begleiter und Dienstleister

Sie erfüllt Bestattungswünsche: Potsdams Friedhofsverwaltung versteht sich als Begleiter und Dienstleister Alte Menschen wollen keinem zur Last fallen: Nicht zu Lebzeiten und nicht, wenn sie gestorben sind. Aus Angst, ihre Grabstätte werde verwahrlosen, verfügten viele, in einer Urnengemeinschaftsanlage beigesetzt werden zu wollen, sagt Potsdams Bereichsleiter Friedhöfe, Gunther Butzmann. Solche Anlagen seien, wie auf dem Friedhof in Babelsberg, umrahmte Rasenflächen, in deren Mitte eine Stele zum Ablegen von Blumen steht. Von den insgesamt 1023 Bestattungen im vergangenen Jahr, seien 15 Prozent Erdbestattungen und 85 Prozent Urnenbeisetzungen gewesen; die Hälfte der Aschebehälter wurde in die Erde einer Gemeinschaftsanlage eingebracht oder sogar anonym, also ohne die Anwesenheit von Trauernden, beigesetzt. Zum Vergleich: 1988 lag der Anteil der Erdbestattungen bei 50 Prozent. Mit der mangelnden Kennzeichnung der Grabstätte täte man aber den Hinterbliebenen oftmals keinen Gefallen, weiß Butzmann. „Den Angehörigen fehlt der Ort zur Trauerbewältigung.“ Darum biete man auf dem Neuen Friedhof auch für die Grabflächen kleine 20 mal 30 Zentimeter große Grabplatten an, die mit den Daten des Verstorbene genau über seinem Urnenplatz in den Rasen eingelegt würden. Den morgigen Tag des Friedhofs will Potsdams Friedhofsverwaltung nutzen, um das Thema Tod zu enttabuisieren und über ihre Dienstleistungen aufzuklären. Auch wenn Gunther Butzmann und seine Mitarbeiter „neutral informieren“, freut er sich doch darüber, dass die Zahl der Urnenanlagenbeisetzungen „zumindest nicht weiter steigt“. Es ginge durch diese einfache Bestattungsart auch ein Stück Kultur verloren, findet der Bereichsleiter. Nicht zuletzt denke er dabei an die Arbeit von Steinmetzen und Friedhofsgärtnern, die bei dieser Beisetzungsform wenig gefragt sei. Der bundesweite Tag des Friedhofs findet seit 2001 jeweils am dritten Sonntag im September statt. Potsdam beteiligt sich seit drei Jahren – an immer wechselnden Orten. 2003 war sein Bereich auf dem Alten, im Folgejahr auf dem Neuen Friedhof, beide in der Heinrich-Mann-Allee – präsent. In diesem Jahr sei man auf dem Babelsberger Friedhof in der Goethestraße, so Butzmann (siehe auch Programmkasten). Seit der Eingemeindung fallen 13 kommunale Friedhöfe in sein Ressort. Im kommenden Jahr entscheide man sich vielleicht für einen Friedhof in den neuen Ortsteile Fahrland oder Krampnitz. In der Wahl der Bestattungsformen sei man zwar an Verordnungen gebunden, versuche aber Wünsche mit Kompromissbereitschaft zu erfüllen. So genannte Friedwälder, wie sie jetzt in Mode seien, also naturbelassene Waldstücke, in deren Wurzelwerk kompostierbare Urnen mit der Asche der Verstorbenen beerdigt werden, seien in Brandenburg nicht zulässig. Als Friedhof gelte nur eine als Bestattungsstätte gewidmete und umfriedete Fläche. „Aber unsere Friedhöfe verfügen allesamt über alten Baumbestand. Wer also seine letzte Ruhestätte unter einem Baumriesen haben möchte, kann sich an uns wenden“, sagt Gunther Butzmann. Auch andere Bestattungsformen seien denkbar. So sei zwar laut Bestattungsverordnung bei Beerdigungen ein Sarg Pflicht und man werde auch niemanden nur mit einem Leichentuch bedeckt durch die Straßen tragen. „Wenn aber religiös bedingt jemand glaubt, eine Seele könne durch den geschlossenen Sargdeckel nicht entweichen, können wir den auch verkantetet offen lassen.“ Wie viele Möglichkeiten einer letzten Ruhestätte es gibt – von der Familiengruft bis zum Reihengrab – und wie groß die Kompromissbereitschaft der Verwaltung ist, darüber klären die Mitarbeiter nicht nur am morgigen Sonntag, sondern auch zu ihren üblichen Sprechzeiten auf. Vorstellen werden sich morgen auch Steinmetze, Friedhofsgärtner, Floristen sowie ein Künstler der Lebend- und Totenmasken aus Bronze oder Gips herstellt. Mit dabei sind auch Verbände und Vereine, die sich Trauerarbeit und Gräberpflege zur Aufgabe gemacht haben. Friedhofsfläche gibt es in der brandenburgischen Landeshauptstadt genug, sagt Butzmann. In den nächsten Jahrzehnten müssten keine weiteren Grabflächen erschlossen werden. Eng werde es lediglich auf dem Friedhof in Eiche. 80 Prozent der Anlage am Baumschulweg sei bereits belegt. Neuen Platz gebe es immer nur dann, wenn die 20-jährige Pflegezeit eines Grabes auslaufe. Deshalb dürften hier nur Bürger aus dem Ortsteil selbst beigesetzt werden.

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