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Landeshauptstadt: Die Kirche im Dorf gelassen

Warum das Bürgerbegehren der Wiederaufbaugegner ins Leere laufen musste – und wie die Potsdamer noch befragt werden könnten

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn es einer Initiative gelingt, dass ihr Bürgerbegehren von der Regierung übernommen wird, gilt das normalerweise als Erfolg. Im Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche sieht das anders aus. Die Gegner des Baus sprechen von „Trickserei“, weil eine deutliche Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung sich überraschend der Stimme enthielt. Somit fand das Bürgerbegehren mit den Stimmen der Linken eine Mehrheit, der Bürgerentscheid fällt aus.

Die Gegner der Garnisonkirche können damit aber wenig anfangen. Sie wollten mit dem Bürgerentscheid, möglichst am Tag der Landtagswahl, ein breites Meinungsbild der Potsdamer Bevölkerung erzeugen, um politischen Druck gegen das umstrittene Projekt aufzubauen. Der Initiative war nämlich von vornherein bewusst, dass es keine Erfolg versprechende Möglichkeit gibt, den Wiederaufbau mit rechtlichen Mitteln abzuwenden. Ihre Forderung, dass die Stadt Potsdam alle Möglichkeiten nutzen solle, auf die Auflösung der Stiftung Garnisonkirche hinzuwirken, wäre so oder so ins Leere gelaufen. Ob als erfolgreicher Bürgerentscheid oder jetzt als Beschluss des Stadtparlaments.

Denn im elfköpfigen Kuratorium der 2008 gegründeten kirchlichen Stiftung sitzt nur ein Vertreter der Stadt Potsdam: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er muss jetzt nicht im Auftrag der Bürger, sondern der Stadtverordnetenversammlung auf die Auflösung der Stiftung hinwirken, wird dafür aber die erforderliche Dreiviertelmehrheit nicht finden. Und selbst wenn, müsste eine Selbstauflösung von der kirchlichen und staatlichen Stiftungsbehörde genehmigt werden. Das sind unüberwindbare Hürden. Nicht einmal der Austritt der Stadt Potsdam aus der Stiftung wäre juristisch möglich. Das deutsche Stiftungsrecht erlaubt es nicht, dass sich einzelne Stifter plötzlich vom Acker machen. Die Initiative spricht dagegen von einer „Zwangsmitgliedschaft“ der Stadtverwaltung in der Kirchenstiftung, die dem Verfassungsgebot der weltanschaulichen und religiösen Neutralität des Staates widerspreche.

Ein wirkungsvolleres Bürgerbegehren ließ die brandenburgische Kommunalverfassung einfach nicht zu. Denn Abstimmungen über Haushaltsfragen, Rechtsverhältnisse, Planfeststellung und Bauleitplanung sind unzulässig. Außerdem wurden längst Tatsachen geschaffen, die nicht rückholbar sind: Das Grundstück wurde der Kirchenstiftung von der Stadt Potsdam geschenkt und eine amtliche Baugenehmigung liegt seit Juli 2013 vor. Eine „direkte Frage zum Wiederaufbau“, Ja oder Nein, sei rechtlich nicht möglich gewesen, räumt die Initiative ein.

Kommen 40 Millionen Euro für den Bau des Barockturms zusammen, dürfte dem Wiederaufbau nichts mehr im Wege stehen. Die Kosten des Kirchenschiffs werden auf weitere 60 Millionen Euro geschätzt. Möglich wäre jetzt noch eine Bürgerbefragung oder ein Einwohnerantrag zur Garnisonkirche, die aber nur empfehlenden Charakter hätten. Doch dies böte Gelegenheit, dass die Potsdamer zum Wiederaufbau noch ihre Meinung sagen könnten. Ulrich Zawatka-Gerlach

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