zum Hauptinhalt
Entlastung. Das Zusammenleben mit einem behinderten Kind kostet Eltern in der Regel viel Kraft. Entsprechend dankbar sind sie für Unterstützung. In Potsdam allerdings steht der sogenannte familienentlastende Dienst des Oberlinhauses jetzt auf der Kippe.

© dpa

Landeshauptstadt: Die schwierige Suche nach neuen Hilfsangeboten

Nach dem Aus für den familienentlastenden Dienst des Oberlinhauses wird nach Lösungen gesucht

Für Eltern von behinderten Kindern war die Nachricht ein Schock: Im September teilte der Oberlinhaus-Verein mit, dass er ab März seinen seit Jahren existierenden familienentlastenden Dienst streicht. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, dass Eltern ihre Kinder zumindest noch an Sams- und Sonntagen in die Obhut von Pflegern geben können. Oberlin-Sprecherin Manja Klein sagte den PNN auf Anfrage, noch am heutigen Donnerstag gebe es Verhandlungen mit dem Sozialdezernat der Stadt, in denen es um einen Vorschlag des eigenen Hauses über eine mögliche Wochenendbetreuung gehe. Mit Rücksicht auf die laufenden Gespräche machte die Sprecherin noch keine weiteren Angaben.

Zum Hintergrund: Das Aus für den familienentlastenden Dienst hatte das Oberlinhaus mit dem gestiegenen Hilfsbedarf für Kinder mit schweren Behinderungen in den vergangenen zehn Jahren begründet. Das freiwillige Angebot habe sich ursprünglich an Kinder mit niedrigem Hilfsbedarf gerichtet und sei auch durch Ehrenamtler getragen worden. Mittlerweile seien aber hoch qualifizierte Fachkräfte sowie besondere Räumlichkeiten nötig. Unter den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sei das Angebot nicht länger möglich, so das Oberlinhaus. Betroffen sind etwa 50 Familien, die das Angebot bislang nutzen. Betroffene Eltern hatten sich bereits mit einem Hilferuf an die Stadt gewandt (PNN berichteten). Ursprünglich hatte das Oberlinhaus nach dem Ende des Dienstes lediglich noch eine Betreuung für jeweils eine Woche in den Oster- und Herbstferien sowie zwei Wochen während der Sommerferien vorgesehen. Der Dienst bot Eltern mit behinderten Kindern eine flexibel nutzbare Entlastung stunden- oder tageweise sowie auch über Nacht an.

Zugleich hatte das Oberlinhaus von einer generellen Versorgungslücke für Kinder mit Behinderungen gesprochen, speziell im Hortbereich. Das Problem haben nun die Grünen aufgegriffen. In einem Antrag für die nächste Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch kommender Woche fordert die Fraktion, dass die Stadtverwaltung ein Konzept „für die Schaffung einer Einrichtung für die Ferien- und Schulanschlussbetreuung von Jugendlichen mit Behinderungen“ erstellt. Mithilfe der betroffenen Eltern solle eine Arbeitsgruppe bis spätestens Februar insbesondere Möglichkeiten zur Finanzierung über maßgebliche Kostenträger prüfen, sowie die räumlichen und personellen Voraussetzungen für solch eine Einrichtung. Vorgeschlagen wird ein „barrierefreier, zentral gelegener Jugendclub“. Ziel sei es, die Teilhabe von Jugendlichen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten sowie die Eltern zu entlasten und ihnen die Berufstätigkeit zu ermöglichen.

Denn die Situation sei schwierig, so die Grünen. Die reguläre Hortbetreuung ende auch für behinderte Jugendliche spätestens mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Alternativen stünden nicht zur Verfügung oder seien zu teuer, da die in der Regel nicht genügend Pflegegeld erhalten würden, so die Grünen. Daher würden Eltern ihre Kinder allein betreuen – das aber würde deren Bedürfnis nicht gerecht, Zeit mit Gleichaltrigen zu verbringen. Für die Familien bedeute das Fehlen unterstützender Angebote eine wesentliche berufliche und persönliche Einschränkung: „Als einzige Alternative besteht oft nur die Möglichkeit, sein Kind ins Heim zu geben oder selbst arbeitslos oder bedürftig zu werden oder zu bleiben.“ Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false