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ATLAS: Drei-Euro-Kultur

Guido Berg über die Einführung des Kulturtickets

Natürlich ist die Einführung des Kulturtickets für sozial Bedürftige begrüßenswert. Wie unerträglich ist doch der Gedanke, Einkommensschwache könnten vom Genuss der Kulturangebote dieser Stadt ausgeschlossen sein. Auch sollte der Theater- oder Konzertabend keine Veranstaltung allein der Mittel- oder Oberschicht sein. In einem Land, in dem statistisch nachweisbar die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, ist die Gefahr einer Zwei-Klassenkultur real. Die Einführung eines Kulturtickets für sozial Schwache steuert dem Trend entgegen – und ist gleichsam ihr sichtbarer Ausdruck, ähnlich der Holzbänke in der 3. Klasse zu Dampflokzeiten. Die billigen Plätze machten das Reisen für Arme möglich, waren aber auch Indikator sozialer Ungleichheit. So ist auch das Aufkommen des Kulturtickets ein Marker dafür, dass in unserer Gesellschaft nicht mehr die soziale Ausgewogenheit vorherrscht, wie noch vor einigen Jahren. Der Warenkorb von Arbeitslosengeld-II-Empfängern sieht den Theaterabend zum Preis für Jedermann offenbar nicht mehr vor. Nun können sie wenigsten die unverkauften Karten für drei Euro erstehen – vielleicht sind es ja die vormals teuren Karten aus der ersten Reihe, die selbst Normalverdienern zu teuer sind.

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