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Landeshauptstadt: „Ein Pokal, fast so groß wie ich“

1,53 Meter großes Energiebündel Ellen Lehmann ist Deutsche Meisterin der Tanzmariechen

1,53 Meter großes Energiebündel Ellen Lehmann ist Deutsche Meisterin der Tanzmariechen Von Nicola Klusemann Auf dem Siegertreppchen begegneten ihr die Zweit- und Drittplatzierte auf Augenhöhe. Das 1,53 Meter große Energiebündel Ellen Lehmann von der Ballettschule Erxleben und tanzende Solistin des Lindenpark Karnevals Club überragte dennoch die Konkurrenz und holte in diesem Jahr den Deutschen Meistertitel der Tanzmariechen nach Babelsberg. „Der Pokal ist fast so groß wie ich“, erzählt sie. Und so schwer, dass sie ihn kaum tragen konnte. Trotzdem hielt die 26-Jährige das gute Stück ganz fest. Sieben Anläufe brauchte sie, um Erste zu werden. Bei ihrer ersten Teilnahme schaffte sie nur den vorletzten Platz. Danach wurde sie mehrmals Vizemeisterin. Im Auto auf dem Weg nach Hause habe sie geweint, aber niemals vor den Mitbewerbern. Mit einem Tanzmariechen-Lächeln kaschiere man die schmerzliche Niederlage vor den anderen. „Ich habe immer versucht, die Akrobatik der Siegerinnen zu imitieren“, erzählt die ausgebildete Tanzpädagogin und Tänzerin. Die halsbrecherischen Kapriolen liegen ihr aber nicht so wie Pirouetten, Sprünge – das Leichtfüßige eben. Und darauf habe sie sich vor der diesjährigen Deutschen Meisterschaft in Münster/Westfalen mit ihrer Trainerin Marita Erxleben konzentriert. „Ich war mir treu.“ Aber auch am Selbstvertrauen hätte sie gearbeitet. „Die Angst vor Patzern hat mich in der Vergangenheit gehemmt“, gesteht Ellen Lehmann. Um den Kopf leer zu bekommen, habe sie meditiert. Und die letzten zwei Minuten vor dem entscheidenden Auftritt die Hände ihrer Tanzlehrerin gehalten, „um Energie aufzunehmen“. Dann habe sie gekämpft, alles gegeben – wie in den vergangenen sechs Jahren. Von der Maximalpunktzahl 500 schaffte sie 480. In den Vorjahren hatten sie knappe zwei, drei Punkte vom Sieg getrennt. Diesmal aber reichte es. „Diesmal waren die Juroren auf meiner Seite“, sagt Ellen Lehmann. Und als ob ihre „Freundin, Mentorin und Chefin“ Marita Erxleben es geahnt hätte, lud sie Ellens Eltern zum meisterlichen Auftritt. „Meine Mutter war die letzten Male nicht mehr dabei gewesen, weil sie die Nervenanspannung nicht aushielt.“ Die Überraschung gelang doppelt. Bewertet würde nicht nur die Schrittvielfalt wie Spagat, Räder, Bogengänge, Schwünge, sondern auch Auftreten und Ausstrahlung. Ein schlecht sitzendes Kostüm beispielsweise führe auch zum Punktabzug. Verrutschen Hut und Perücke, fallen Rosetten ab oder sind die Schuhe schmutzig kann das den Meistertitel kosten. Bei Landeswettbewerben sei ihr schon der ein oder andere Lapsus passiert, erzählt die ansonsten sehr disziplinierte und ehrgeizige Tänzerin. Bei den Deutschen Meisterschaften aber niemals. Um auf Nummer Sicher zu gehen, würde das künstliche Haar mit über 60 Klammern festgesteckt, jedes Schmuckelement mehrfach festgenäht, die Schuhe extra geweißt. Das ist nun vorbei. Ellen Lehmann hat nach der Meistertitel-Verleihung ihre Karriere als Tanzmariechen beendet. „Das war so geplant, auch als Zweitplatzierte hätte ich aufgehört“, schwört sie. Natürlich aber tanzt sie weiter. Als Mitarbeiterin der Ballettschule Erxleben bringt sie Kindern das Tanzen bei und führt künftig vielleicht selbst talentierte Tanzmäuse in den Tanzmariechen-Olymp.

Nicola Klusemann

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