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Landeshauptstadt: Eine Lounge, aber keine Leinwand

Studio Babelsberg lud zum abendlichen Berlinale-Empfang / 1000 Kostüme für Kertész-Film „Fateless“

Studio Babelsberg lud zum abendlichen Berlinale-Empfang / 1000 Kostüme für Kertész-Film „Fateless“ Berlin/Potsdam - Der Empfang war glamourös: Einen breiten roten Teppich hatte Studio Babelsberg für seine Gäste vor dem eher unscheinbaren Bürohaus am Schöneberger Ufer ausgerollt, livriertes Personal öffnete die Taxitüren, an der Fassade leuchtete das Studio-Logo. Die Attraktion dieser ersten abendlichen Berlinale-Veranstaltung von Studio Babelsberg am Montagabend – vorher hatte man sich immer zum sonntäglichen Brunch getroffen – war aber der Ausblick: Ort des „Feier Abend“-Geschehens war der Club „40seconds“ in der achten Etage des Gebäudes mit Blick auf den hell erleuchteten Potsdamer Platz. Mit der Wahl dieser „Location“ wollten die neuen Studio-Eigentümer Carl Woebcken und Christoph Fisser offenbar einen Akzent setzen. Ob es ihnen gelungen ist, darüber gingen in der Gästeschar die Meinungen auseinander. Vielen war es in der achten Etage mit ihrer Discomusik zu laut, was dazu führte, dass in der provisorischen „Lounge“ ein Stockwerk tiefer ein mächtiges Gedränge entstand. Auch entdeckten die Stammgäste viel weniger bekannte Gesichter als in den Jahren zuvor, vor allem diejenigen, deren Lebensgeschichte sich mit dem Studio verbindet, die dort jahrzehntelang arbeiteten, fehlten. Vielleicht auch, weil die Uhrzeit ihnen nicht zusagte: Start der Feier war erst um 22 Uhr. Pünktlich dazu war Ministerpräsident Matthias Platzeck eingetroffen, der allerdings nur für eine kleine Vier-Augen-Unterredung mit Studio-Geschäftsführer Woebcken blieb. Eine Rede musste Platzeck nicht halten – denn es gab überhaupt keine. Und so fehlte den ganzen Abend lang das Indiz dafür, wer hier eigentlich feierte und warum. Nicht einmal eine Leinwand, auf die sich aktuelle Babelsberg-Produktionen hätten projizieren lassen, war aufgestellt. Leider zerschlug sich bis zu später Stunde auch die Hoffnung der Gastgeber, von der hochkarätigen „Cinema for Peace“-Gala im Konzerthaus am Gendarmenmarkt würde noch einige Prominenz den Weg ins „40seconds“ finden. Einzig TV-Moderatorin Mo Asumang und die Hauptdarsteller der in Babelsberg gedrehten ZDF-Telenovela „Bianca - Wege zum Glück“, Tanja Wedhorn (Bianca), Patrick Fichte (Oliver) und Christoph Mory (Chauffeur Eddie), waren zu entdecken. Letztere fanden jedoch warme Worte für ihren Arbeitsplatz, an dem sie meist mehr als zwölf Stunden pro Tag verbringen – die Telenovela läuft schließlich jeden Tag. „Ganz hervorragend“ sei es im Studio Babelsberg, sagte Tanja Wedhorn, und lobt vor allem die Nähe von Studio, Kostüm- und Maskenräumen, Garderobe und Produktionsbüros. Außerdem waren Brandenburgs Medienbeauftragter Erhard Thomas, Filmpark-Chef Friedhelm Schatz, Quality International-Produzent Jan Fantl („Beyond the Sea") und Filmmuseum-Chefin Bärbel Dalichow Gäste beim Babelsberg-Empfang. Letztere übte sich in Zuversicht. Roland Emmerich, deutscher Erfolgsregisseur in Hollywood und Berlinale-Jury-Präsident, wolle doch dieser Tage eine eigene Filmproduktionsfirma gründen – vielleicht drehe er dann einmal in Babelsberg. Im „40seconds" aber tauchte Emmerich nicht auf. Dafür hat er mit Sicherheit den Wettbewerbs-Film „Fateless“ gesehen, der gestern Abend im Berlinale-Palast seine Premiere erlebte. Für die Verfilmung von Imre Kertész“ „Roman eines Schicksallosen“ – das Regiedebüt des ungarischen Kameramanns Lájos Koltai – hat der Fundus von Studio Babelsberg mehr als 1000 Kostüme bereitgestellt. „Fateless“ erzählt die Geschichte des Budapester Juden Gyuri (Marcell Nagy), den die Nazis im Alter von 14 Jahren in Konzentrationslager deportieren. Die Kostümausstatterin des Films, Györgyi Szakács, habe mehrere Tage im Babelsberger Fundus verbracht, vor allem Zivilkleidung für Frauen und Kinder herausgesucht, erzählte Fundus-Leiterin Kirsten Piechotka. Die Kleider wurden dann zum Dreh nach Ungarn gebracht. Szakács kenne das Babelsberger Repertoire bereits, sie war auch bei István Szabós in Babelsberg gedrehtem „Taking Sides“ für die Kostüme zuständig. „Fateless“ sei eine sehr große Produktion gewesen, so Piechotka. Trotzdem werde sie die Kleider aus Babelsberg auf der Leinwand identifizieren können – „man kennt doch seinen Fundus“.

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