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Von Michael Meyer: Einsam über sechs Kilometer

Potsdams Ruderer wollen sich bei der Leipziger Langstreckenregatta durchbeißen und weit vorn landen

Juliane Domscheit hat derzeit Stress – Schulstress. Die Skullerin der Potsdamer Ruder-Gesellschaft will in diesem Frühjahr an der Potsdamer Sportschule ihr Abitur ablegen und befindet sich derzeit in der entscheidenden Phase dafür. „Die Klausuren habe ich alle hinter mir, nun büffel ich für die Prüfungen“, erzählt die 20-Jährige, die am Wochenende ihren ersten Wettkampf in diesem Jahr hat. In Leipzig steht die traditionelle Langstreckenregatta auf dem Elster-Saale-Kanal an, bei dem Deutschlands beste Ruderinnen und Ruderer am Samstag auf dem Ergometer und tags darauf in Einer-Rennen über sechs Kilometer zeigen wollen, wie gut sie sich in den vergangenen Monaten schon auf die nacholympische Saison vorbereitet haben.

„Ich bin gut durch den Winter gekommen und will jetzt möglichst weit vorn dabei sein – am besten gewinnen“, meint Juliane Domscheit, die die Olympischen Spiele 2008 in Peking als Ersatzfrau erlebt hatte, und gesteht: „Die 2000 Meter, die wir sonst im Wettkampf rudern, mag ich eigentlich lieber.“ Dass ihr der lange Kanten liegt, hatte die Potsdamerin aber schon im November in Dortmund bewiesen, als sie dort Sechste wurde. Klubkameradin Stephanie Schiller, die dort auf Platz drei ruderte, gehört ebenfalls zu den verheißungsvollsten Starterinnen aus dem Seekrug.

„Steffi müsste eigentlich mit ganz vorn landen“, glaubt auch Kathrin Boron. Die erfolgreichste Skullerin aller Zeiten, die nach ihrem Karriereende jetzt den Ruder- Bundesstützpunkt Potsdam leitet, gewann selbst mehrmals in Leipzig, wo jeder Aktive einzeln startet und einsam gegen die Uhr kämpft. „Da muss jeder mit sich selbst im Reinen sein und sich durchbeißen“, weiß sie aus eigenen Erfahrungen. Während die Doppelzweier-Olympiazweite Christiane Huth wegen Rückenbeschwerden und Jeaninne Hennicke nach einer Viruserkrankung am Wochenende noch fehlen, wollen auch Rebekka Klemp, Daniela Schulze, Leichtgewichtlerin Daniela Reimer und Annika Weiße Potsdam gut vertreten. Auf Weißes Abschneiden darf man besonders gespannt sein, denn die jetzt 26-Jährige ist Quereinsteigerin, kam 2007 vom Tennis zu Ruder-Trainerin Uta Salomon und wurde nach Platz sieben Ende November 2008 bei der Dortmunder Langstreckenregatta bereits B-Kader. „Das muss und will sie jetzt bestätigen“, so Kathrin Boron. Anna-Theresa Kluchert und Christin Hoffmann wechselten im Winter im Trainingslager Sabaudia von den Skulls zum Riemenrudern und treten in Leipzig erstmals im Zweier ohne Steuerfrau an.

Bei den Männern sind Falko Nolte und Hans Gruhne in Leipzig die größten PRG-Hoffnungen; Clemens Wenzel pausiert noch mit Rückenproblemen. „Die Langstrecke ist nicht so mein Ding“, meint Gruhne. „Wenn ich jetzt wie zuletzt in Dortmund unter die ersten zehn kommen sollte, wäre das okay für mich.“ Der Potsdamer will auch in diesem Jahr bei den Weltmeisterschaften in Poznan rudern. „Egal, in welchem Boot“, sagt Gruhne. Dazu wird er bei den Deutschen Kleinboot-Meisterschaften am 25. und 26. April auf dem Brandenburger Beetzsee über 2000 Meter schnell sein müssen.

Auch Juliane Domscheits Ziel sind die WM, auch für sie wird der Weg nach Polen über Brandenburg führen. Stress ist für sie dann erneut vorprogrammiert: Domscheit – die nach Jutta Laus Wechsel nach China derzeit ebenso wie Stephanie Schiller und Christiane Huth in der Männer-Skullgruppe Bernd Landvoigts trainiert – schreibt am Tag vor den Beetzsee- Vorläufen ihre Deutsch- und am Tag nach den Endläufen ihre Englisch-Prüfung.

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