zum Hauptinhalt

Sport: Erinnerung ist noch frisch

Marco Küntzel hatte vor vier Jahren großen Anteil am Aufstieg des SVB 03 in den Profifußball

Marco Küntzel hatte vor vier Jahren großen Anteil am Aufstieg des SVB 03 in den Profifußball Von Thomas Gantz Wer damals vor Ort dabei war, spricht heute noch von einer der Sternstunden der jüngeren Babelsberger Fußballgeschichte. Am 2. Juni 2001 war es, als sich Marco Küntzel durch einen flotten Spruch und zwei späte Tore in der Erinnerung der SVB-Anhänger einen bleibenden Platz sicherte. „Wie spät is´n det?“, fragte Küntzel damals eine Viertelstunde vor Abpfiff des Regionalliga-Punktspiels beim SC Preußen Münster während einer Spielunterbrechung seinen schon ausgewechselten Mannschaftskapitän Almedin Civa. Babelsberg 03 lag zu diesem Zeitpunkt 1:2 zurück. Was folgte, war damals auch live im Westdeutschen Rundfunk (WDR) zu verfolgen. Zehn Minuten vor dem Ende überlupfte Küntzel fast von der Strafraumgrenze aus den gegnerischen Torhüter. Unmittelbar vor dem Abpfiff dann umkurvte er gleich mehrere Abwehrspieler und drückte ab. Innenpfosten, Tor, danach der Abpfiff, 3:2. Als es eine Woche später nach dem 1:0 über Fortuna Düsseldorf vor der fast unglaublichen Kulisse von 14 700 Besuchern im Karl-Liebknecht-Stadion zur großen Zweitliga-Aufstiegsparty kam und die Mannschaft eine Empore betrat, brüllte die entfesselte Gegengerade nur „Kü“. Es war die Huldigung der Massen für den Vorwochenauftritt Küntzels, der ob seines da schon feststehenden Wechsels zu Borussia Mönchengladbach hemmungslos heulte. Dem heute 29-jährigen sind die Szenen von damals allgegenwärtig. Dies liegt nicht vordergründig daran, dass der während der vergangenen beiden Spielzeiten bei Arminia Bielefeld unter Vertrag stehende Angreifer mit Freundin und einjähriger Tochter in Steinhagen rund fünfzig Kilometer östlich von Münster wohnt. Nein, der Hauptgrund liegt wohl in der Einmaligkeit des damaligen Geschehens. Küntzel sieht seine Zeit in Mönchengladbach, wo er es in zwei Jahren nur auf insgesamt 16 Bundesliga-Einsätze brachte, und auch die jüngste Serie in Bielefeld, in der er sich mit Trainer Uwe Rapolder (künftig 1.FC Köln) nicht sonderlich gut verstand, erstaunlich distanziert. „Meine sportlich schönste und erfolgreichste Zeit hatte ich bei Babelsberg 03. Wir sind dort jedes Jahr ein Stück voran gekommen, haben erst die mühselige Qualifikation für die zweigleisige Regionalliga gemeistert und sind dann sogar in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Es war einfach sagenhaft“, bemerkte er jetzt. Sagenhaft – welch eigentümlichen Klang doch dies eine Wort im Angesicht der fast gewollt wirkenden vorzeitigen Preisgabe des Saisonziels durch den SVB in der jüngsten Spielzeit hat... Küntzel ist erstaunlich gut im Bilde, was das grobe Raster der aktuellen Probleme des Babelsberger Fußballs betrifft. Ab und an telefoniert er mit Mannschaftsbetreuer Detlef Bielefeld, der bezeichnenderweise den Spitznamen „Arminia“ trägt. „Ohne eine gemeinsame Grundausrichtung, ein gemeinsames Ziel ist auch im Amateurbereich nichts zu reißen“, merkt Küntzel an, der in der Serie 2003/2004 für Arminia Bielefeld alle Zweitliga- Punktspiele absolvierte und einmal vier Tore zum 5:0 über den benachbarten Rivalen VfL Osnabrück beisteuerte. Spätestens an diesem Tag hatte Küntzel auch den wankelmütigen Teil des traditionell recht kritischen Bielefelder Publikums hinter sich gebracht. Jörg Schwanke, in der Schlussphase der abgelaufenen Spielzeit Mannschaftskapitän des SVB und vor einem Jahrzehnt kurzzeitig Mannschaftskollege des damals sehr jungen und sportlich unbeständigen Küntzel beim 1.FC Union, erinnert sich: „Ich bin mir sicher, dass die zweieinhalb Jahre in Babelsberg ihn davor bewahrt haben, sein Riesenpotenzial endgültig zu verschleudern.“ Was Küntzel fußballerisch zu leisten imstande ist, war erst zu Pfingsten im Rostocker Ostseestadion zu begutachten. Jetzt auch perfekt austrainiert wirkend, erzielte er beim 1:1 gegen den FC Hansa Rostock den Treffer für Arminia Bielefeld. Hansas Abstieg nach zehn Jahren Bundesliga sah Küntzel, der 1990 seine Karriere an der Ostsee begann, als Konsequenz aus einem sportlich sehr schlechten Jahr an. „Abstiege gehören einfach zum Geschäft. Wichtig ist, die richtigen Lehren daraus zu ziehen und wieder anzugreifen.“ Marco Küntzel wird dies nach Lage der Dinge unter neuen Voraussetzungen bei seinem bisherigen Verein tun. Sein Vertrag in Bielefeld läuft aus. Das neue Angebot sah zuletzt eine erhebliche Reduzierung der Grundbezüge vor. Küntzel, den dies unmittelbar nach Saisonschluss total brüskierte, legte die geschäftliche Seite daraufhin in die Hände seines Potsdamer Beraters Jörg Neubauer. Mittlerweile hat man sich noch einmal verständigt. Neubauer deutete gestern an, „dass die Tendenz nun doch klar dahin geht, dass er in Bielefeld bleibt. Vor allem auch deshalb, weil dort der Trainer gewechselt hat.“ Thomas von Heesen, der von Küntzel viel hält, hat nach wie vor auch im geschäftlichen Bereich maßgeblichen Einfluss. Die Tatsache, dass sich der Angreifer gestern gut gelaunt auf den Weg in den Mallorca-Urlaub begab, unterstreicht dies. Küntzel gestern: „Es gibt eigentlich keinen Grund mehr, aus Bielefeld weg zu gehen.“

Thomas Gantz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false