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Wie es einmal war: Der Bahnhof Potsdam um 1843.

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Landeshauptstadt: Ersatz für die Postkutsche

Vor 175 Jahren fuhr die erste preußische Eisenbahn von Berlin nach Potsdam

Wie Ölsardinen in die Dose gequetscht geht es für manchen Pendler im Berufsverkehr von Potsdam nach Berlin und umgekehrt. Jeden Tag nutzen Tausende ganz selbstverständlich die Schiene, um zur Arbeit und zum Studium zu kommen. Kaum einer aber denkt daran, dass er – wenn auch nur kurz – auf der ersten preußischen Eisenbahnstrecke unterwegs ist.

Am 29. Oktober 1838 nahm die privat finanzierte Berlin-Potsdamer Eisenbahn-Gesellschaft ihren Betrieb auf und eröffnete ihre 26 Kilometer lange Strecke. „Das war ein Meilenstein in der Verkehrsgeschichte. Anstatt drei Stunden mit der Postkutsche war man von Berlin, wo heute der Potsdamer Platz ist, in einer Stunde in Potsdam“, erklärt der Bahn-Historiker Peter Bley.

Von der Jungfernfahrt vor 175 Jahren ist überliefert, dass rund 300 Karten verkauft wurden. Preußen-König Friedrich Wilhelm III. war nicht zu einer Spazierfahrt aufgelegt. Er soll gesagt haben, dass er sich keine große Seligkeit davon versprechen kann, ein paar Stunden früher von Berlin in Potsdam zu sein. Andere hingegen waren von der neuen Verbindung ins Grüne angetan. Sein Sohn, Kronprinz Friedrich Wilhelm, erklärte, dass „diesen Karren, der durch die Welt rollt, kein Menschenarm aufhält“. Schon im ersten Betriebsjahr hatte die Bahn mehr als 600 000 Fahrgäste. Die Welle der Begeisterung ebbte laut Bley aber bald ab. Andere Bahnstrecken ins Grüne wurden in den Dienst gestellt. So folgte um 1841 die Strecke Berlin-Jüterbog-Wittenberg, ein Jahr später Berlin-Bernau-Eberswalde und Berlin-Frankfurt/Oder (1842). „Aufwind gab es für die preußische Stammstrecke erst wieder mit der Verlängerung bis nach Magdeburg“, erklärt Peter Bley.

Heute ist von der großen Bahnherrlichkeit nicht viel übrig. „Die historische Trasse ist nur noch vom Bahnhof Griebnitzsee bis Potsdam-Hauptbahnhof in Betrieb“, erklärte Sabine Kill, Leiterin der Abteilung Konzerngeschichte bei der Deutschen Bahn. Die Strecke parallel zur Berliner Autobahn Avus habe mit der ersten preußischen Bahnlinie nichts zu tun. „Sie ist Jahrzehnte später als Ausweichstrecke gebaut worden“, fügt Bley hinzu. Die Stammstrecke führt vom Gleisdreieck über die Yorckstraße nach Zehlendorf. „Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Brücke über den Teltowkanal nie wieder aufgebaut worden, der Mauerbau kam und nach der Wende wurde die Strecke an der Avus zur zentralen Verbindung nach Potsdam“, so Bley. „Heute zählt die Magistrale von und nach Potsdam zu den wichtigsten Nahverkehrsstrecken. Wir fahren zu Stoßzeiten mit dem RE1 im Halbstunden- und mit der S-Bahn im Zehnminutentakt“, sagt Bahn-Sprecher Holger Auferkamp.

Wer der historischen Strecke am nächsten kommen will, muss S-Bahn fahren. „Im Zuge von Bauarbeiten haben die S-Bahnlinien S1 und S7 den Streckenverlauf ab Wannsee getauscht“, erklärte Bley. Die S1 fährt bis Potsdam durch. Ihr Gleisbett verläuft fast parallel zum alten Streckenverlauf. Georg-Stefan Russew

Georg-Stefan Russew

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