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Landeshauptstadt: „Europa ist ziemlich weit weg von hier“ 120 Schüler aus Potsdam im Landtag zu Gast

Maria Homuth und Thekla Ludwig aus der 11. Klasse des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder waren enttäuscht.

Maria Homuth und Thekla Ludwig aus der 11. Klasse des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder waren enttäuscht. Sie kamen gestern in den Landtag, um mit brandenburgischen Europapolitikern die Zukunft der Europäischen Union und den Verfassungsvertrag vor dem Hintergrund der beiden gescheiterten Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden zu diskutieren. „Aber eigentlich haben die gar nicht unsere Fragen beantwortet, vielmehr haben sie um den heißen Brei herumgeredet“, meinte Maria am Ende der Diskussionsveranstaltung. „Für mich ist Europa ziemlich weit weg von hier.“ Offenbar sind die Politiker nicht gewohnt, dass man ihnen kurze Fragen stellt, sagte Thekla. Sie habe sich solche Mühe gegeben, kompliziert zu fragen – vergeblich. Zum Gespräch geladen waren von der Staatskanzlei neben den 120 Schülern von sieben Potsdamer Schulen die Brandenburgischen EU-Abgeordneten Elisabeth Schroedter (Bündnis 90/ Die Grünen), Norbert Glante (SPD) sowie Helmuth Markov (PDS). Auch der Vorsitzende des Europaausschusses im Landtag Steffen Reiche sowie Staatssekretär Gerd Harms nahmen auf der Ministerbank im Landtag Platz. Geleitet wurde die Diskussion von Dr. Raimund Krämer der Uni Potsdam. „Eines will ich gleich sagen“, provozierte der Politologe zu Beginn seines Impulsreferates die Anwesenden, „der Vertrag zur europäischen Verfassung ist tot.“ Die Schüler mussten fast eine Stunde warten, bis sie endlich zu Wort kommen durften. „Jetzt darf wahrscheinlich erst jeder von denen seine Meinung dazu sagen, und dann werden sie uns in Fachchinesisch unsere Fragen beantworten“, analysierte Thekla die Situation. Was Krämer als Widerspruch der EU monierte, nämlich die fehlende Verständigung und Transparenz zwischen der politischen Ebene und der breiten Bevölkerung, nahm im Saal Gestalt an. Die Politiker diskutierten die Interna und trugen parteipolitische Kämpfe aus. Die Fragen der Neunt- bis Zwölftklässler kamen danach zu kurz: Wo liegen die Grenzen der EU? Können denn noch beliebig viele Staaten beitreten? Darf die Türkei Mitglied werden, obwohl sie die Gleichstellung von Mann und Frau bislang nicht erfüllt? Warum benötigt die Europäische Union eine eigene Armee, wo sie doch ein Bündnis des Friedens ist? Warum sollen weiterhin die nationalen Verfassungen gelten, wenn es einmal eine europäische Verfassung gibt? Die schärfste Frage richtete ein Schüler an den Uni-Politologen. „Sie sagen die Verfassung sei tot, jetzt müssten die Bürger agieren. Gleichzeitig sagen sie, dass Europa zu wenig transparent ist. Ich frage Sie, wie sollen die Menschen in dieser Situation etwas tun?“ Tania Greiner

Tania Greiner

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