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Landeshauptstadt: Garnisonkirche: Turmbau ab 2013

Entwurfsplanung vorgestellt / Fertigstellung Oktober 2017 / Verengung der Breiten Straße 2012

Innenstadt – Der Wiederaufbau des Turms der Potsdamer Garnisonkirche soll Mitte 2013 beginnen. Bis zum 30. Oktober 2017, dem Vorabend des 500. Jahrestages der Reformation, ist die Vollendung geplant. Das teilte der Chef-Kurator der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“, Wolfgang Huber, gestern vor Ort bei der Präsentation der Entwurfsplanung mit. Möglichst zügig werde sich der Aufbau des Kirchenschiffes anschließen. „Für diesen zweiten Bauabschnitt gibt es noch keine Zielmarke“, sagte Huber. Die Baukosten für den Turm belaufen sich auf 39 Millionen Euro; die gesamte Kirche koste hundert Millionen.

Die Entwurfsplanung, die der Berliner Architekt Thomas Albrecht gestern vorstellte, enthält einige Überraschungen. So wird es die mächtigen Säulen zum Abfangen des Gewichtes des 88,4 Meter hohen Bauwerkes im Nachbau nicht mehr geben. Durch den Wegfall der Säulen konnten die Planer einen 12 mal 12 Meter großen achteckigen Raum für die Turmkapelle mit 140 Plätzen gewinnen. Für diesen sakralen Raum liegen die Planungen bis in die Einzelheiten vor. Den Raum überspannt ein zwölf Meter hohes Ziegelgewölbe mit indirekter Beleuchtung. Um ohne elektronische Schallverstärkung auszukommen, ist ein akustisches System aus gelochten Ziegeln vorgesehen. Der Vorsitzende der Fördergesellschaft, Johann-Peter Bauer, berichtet, dass die Veränderung der historischen Gestalt wie der Verzicht auf die Säulen nicht von allen Mitgliedern getragen werde. Bei einer Abstimmung habe sich jedoch eine „überwältigende Mehrheit“ für das moderne Innere ausgesprochen. Laut Bauer habe die Fördergesellschaft zum Wiederaufbau derzeit 850 Mitglieder „in der ganzen Welt“.

Der Kirchturm soll bis hoch zum Glockenspiel genutzt werden. „Der Turm war ein mächtiges Zeichen in der Stadtlandschaft, aber eigentlich ohne Nutzung“, sagt Huber. Das werde sich ändern. Im dritten Obergeschoss seien eine 300 Quadratmeter große Fläche für eine Ausstellung zur Geschichte des Ortes sowie zwei Seminarräume vorgesehen. Ein Stockwerk höher gibt es unter anderem eine Bibliothek. Zwei Aufzüge transportieren die Besucher bis über sechzig Meter Höhe. Daneben gibt es solide Treppen als Fluchtwege und eine moderne Abluftanlage. Die Beheizung des „Hochhauses“ soll unter Verwendung von Erdwärme erfolgen, gegenüber der reinen Fernheizung eine Ersparnis von 60,8 Prozent.

Ein Highlight dürfte die Aussichtsplattform in 60 Metern Höhe sein, die mittels Fahrstuhl auch für mobilitätsbehinderte Menschen erreichbar ist. Vier Meter über der Aussichtsplattform erklingt das aus 40 Glocken bestehende Carillon. Unklar ist bisher, ob das von der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel auf der Plantage aufgestellte und vom Rechnungshof aus bespielbare Instrument verwendet werden kann. „Wir haben ein Gutachten dazu in Auftrag gegeben“, erklärt Stiftungs-Geschäftsführer Peter Leinemann. Die seit 1939 in den Turm eingebauten vier Läuteglocken solle es laut Albrecht wieder geben. Die schwerste habe ein Gewicht von sechseinhalb Tonnen. Zwei Originalglocken erklingen heute noch in der Erlöserkirche.

Bereits in diesem Jahr werde der Umbau der Breiten Straße beginnen. Der Turm ragt acht Meter in den Straßenraum, was eine Reduzierung von sechs auf vier Fahrspuren erfordere. Im vergangenen Sommer gab es wegen der Entnahme von Bodenproben bereits eine Einengung. Die Bohrung hatte ergeben, dass das historische Fundament aus statischen Gründen nicht verwendet werden könne. Vorgesehen sei eine Gründung mittels Bohrpfählen auf einem Trägerrost, wodurch die alten Fundamente belassen werden können.

An der Entwurfsplanung war neben Thomas Albrecht von der Gesellschaft Hilmer und Sattler eine Arbeitsgemeinschaft aus elf Firmen beteiligt. Eine wesentliche Planungsgrundlage schuf der Potsdamer Architekt Bernd Redlich mit seiner virtuellen Rekonstruktion von Turm und Kirchenschiff.

Die Beteiligten versicherten gestern vor der Presse, dass das äußere Erscheinungsbild des Turmes dem Entwurf von Philipp Gerlach (1679-1748) voll entsprechen werde. „Es wird wieder ein verputzter Ziegelbau mit Ergänzungen aus Cottaer und Warschauer Sandstein“, erklärt Albrecht. Die Turmspitze ist als mit Kupferblech verkleidete Holzkonstruktion geplant. Insgesamt werde der Turm der wichtigsten Kirche des norddeutschen Barocks wieder die Silhouette der Stadt bereichern. „Das wieder aufgebaute Gebäude wird einer Mehrfachnutzung als Kirche, Bildungsstätte und Erinnerungsstätte dienen, um den vielfältigen Anforderungen und Erwartungen an die Garnisonkirche gerecht zu werden“, heißt es in einer Erklärung der Stiftung.

Günter Schenke

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