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Landeshauptstadt: Gegen das Scheitern

Die Kompetenzagentur Potsdam soll jungen Menschen helfen, einen Lebensplan zu finden

Als Kerstin Portev den 18-jährigen Daniel S. kennenlernte, lebte der junge Potsdamer ohne Wohnung und mit hohen Handy-Schulden bei einem Kumpel. Eine Zukunftsperspektive hatte er nicht. „Multiple Problemlage“, nennt Portev so eine Situation. Die 36-Jährige soll dann helfen – als eine von fünf Mitarbeitern der sogenannten Kompetenzagentur Potsdam. Am heutigen Donnerstag hat sie jedoch eine ganz andere Aufgabe: Portev soll ihre Arbeit den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses vorstellen, dem Gremium der Stadtpolitik, das über Probleme junger Menschen berät.

Den anwesenden Politikern wird Portev von vielen Problemen berichten können, mit denen sie es täglich zu tun hat: Arbeitslosigkeit, falsche Freunde, das Gefühl, ein Looser zu sein. „In solchen Fällen hören wir geduldig zu und überlegen mit den Jugendlichen, wie es weitergehen könnte“, sagt Portev. Zwischen 14 und 27 Jahre alt sind ihre jungen Klienten. Wer sich beraten lassen will, tut dies freiwillig und anonym. Finanziert wird die kostenlose Hilfe mit Geld vom Bundesfamilienministerium und der Europäischen Union. 199 solcher Agenturen gibt es in ganz Deutschland. Die Potsdamer Niederlassung existiert seit Juli 2007. Derzeit werden rund 80 junge Menschen betreut.

Die Hauptaufgabe dabei: Die jungen Leute mit Adressen und Informationen versorgen. Wo sitzt die Schuldnerberatung, wie wird ein Hartz IV-Antrag ausgefüllt, welcher Abschluss ist für den Traumjob nötig? „Wir begleiten Jugendliche auch bei Behördengängen, wenn sie das möchten“, sagt Portev. Doch nicht bei allen Problemen gäbe es gleich eine Lösung, räumt sie ein. Etwa beim Thema Spielsucht, für das es in Potsdam bislang keine Experten gäbe. „Da besteht eine Lücke.“

Bei anderen Problemen funktioniert die Betreuung besser. Die 20 Jahre alte Mandy R. und ihr sechs Jahre älterer Freund Rico M. seien ein solches Beispiel, sagt Portev. Als das Pärchen zur Kompetenzagentur kam, waren beide obdachlos, ohne Job und sie schwanger. Ein Jahr später ziehen beide das Baby auf, haben eine eigene Wohnung, er arbeitet in einem Mini-Job. Ein Anfang. „Inzwischen gab es sogar eine erfolgreiche Familienzusammenführung mit den Eltern von Mandy und Rico“, sagt Portev. Und hofft, dass auch Daniel S. noch sein Leben meistert. Eine Privatinsolvenz hat der Junge schon beantragt, gleichzeitig absolviert er eine Einstiegsqualifikation für eine Ausbildung zum Kaufmann. Auch ein Dach über dem Kopf hat er wieder. Dabei wurde Daniel S. nur durch Zufall auf die Kompetenzagentur aufmerksam, wie Kerstin Portev erzählt: „Er hat einen Flyer von uns in der Straßenbahn gefunden.“ Henri Kramer

Kompetenzagentur Potsdam, Am Kanal 12d, Tel.: (0331) 74 31 524

Henri Kramer D

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