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Landeshauptstadt: Glockengeläut über dem Stammtisch Potsdamer Gastronomie in alten Bildern

Zur Wiedereröffnung des lange geschlossenen Dreimäderlhauses veröffentlichten die PNN 1995 ein Foto des mit der Neugestaltung verschwundenen Stammtischs, an dem sich bis in die 70er Jahre Ladenbesitzer aus der Brandenburger Straße nach Geschäftsschluss zum Dämmerschoppen trafen. Über dem Tisch hing ein Glockengeläut.

Zur Wiedereröffnung des lange geschlossenen Dreimäderlhauses veröffentlichten die PNN 1995 ein Foto des mit der Neugestaltung verschwundenen Stammtischs, an dem sich bis in die 70er Jahre Ladenbesitzer aus der Brandenburger Straße nach Geschäftsschluss zum Dämmerschoppen trafen. Über dem Tisch hing ein Glockengeläut. Wer beim Zuprosten daran stieß, zahlte die neue Runde. Auch dieses Foto hat der Postkartensammler Siegfried Lieberenz in seine neue Ausstellung „Potsdamer Gastronomie in alten Bildern“ aufgenommen, die seit gestern vom Verein 300 Jahre Preußen in den Bahnhofspassagen gezeigt wird. Die etwa 300 Aufnahmen sind diesmal nur als Kopien zu sehen - bei einer vorherigen Ausstellung zur Baugeschichte hatten Diebe wertvolle Originalpostkarten mitgehen lassen. Dennoch: Jede Abbildung erzählt eine Geschichte. Der Besucher muss sie sich allerdings selbst erschließen, denn erläuternde Texte gibt es nicht und nur in wenigen Fällen Jahresangaben. Führungen sind ebenfalls nicht vorgesehen, das würde den Verein personell überfordern. Und so können wohl nur ältere Potsdamer den ganzen Reiz der Postkarten erschließen. Beispielsweise, was das Forsthaus Templin betrifft. Vom Ausflugslokal, in dem man in den 20er Jahren für 80 Pfennig einen Liter heißes Wasser kaufen konnte, um sich den mitgebrachten Kaffee aufzubrühen, bis zur heutigen Braumanufaktur hat es einen wechselhaften Weg hinter sich gebracht. Von der Waldschänke an den Jägerschießständen Michendorfer Chaussee, Potsdams angeblich ältesten, durch seinen Kreuzotternschnaps bekannten Lokal, über das vornehme Hotel „Zum Einsiedler“, das auf den friderizianischen General von Einsiedel zurückging, bis zum „Elysium“ in der Nedlitzer Straße, wo der 1848er Revolutionär Max Dortu seine flammenden Reden hielt, hat Lieberenz kaum eine wichtige Gaststätte ausgelassen. Und wer weiß schon, dass das mehrfach umgebaute Hotel am Jägertor als Hospiz mit Familienpension eines Fräulein Klee entstand, wo man für 1,50 Mark übernachten konnte! Aus der DDR-Zeit sieht man etwa am Platz der heutigen Wilhelmgalerie das Schuhhauscafé im ersten Stock, in dem die Kellner jüngere Männer stets vor den Damen bedienten ... Erhart Hohenstein Potsdamer Gastronomie in alten Bildern, Bahnhofspassagen, bis 9. August jeweils Mittwoch bis Sonntag von 13 - 18 Uhr

Erhart Hohenstein

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