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Landeshauptstadt: Grüne Wiese mit roten Punkten

Seit April durchbohren Munitionssucher das Bauland für das Niemeyer-Bad auf der Suche nach Bomben

Seit April durchbohren Munitionssucher das Bauland für das Niemeyer-Bad auf der Suche nach Bomben Mit einem funkelnden, bunten Silvesterfeuerwerk hat die Arbeit von Feuerwerker Klaus Abendroth nichts zu tun. Wenn er jeden Morgen um 7 Uhr aus Oranienburg nach Potsdam kommt, sucht er in den Löchern, die seine Kollegen in den Brauhausberg gebohrt haben, nach Munition aus dem zweiten Weltkrieg. Die britischen Bomben sollten am 14. April 1945 den Bahnhof und damit die umliegenden Gebiete treffen. Da der Brauhausberg in der Anflugrichtung der Flugzeuge lag, warf die Royal Airforce einen Großteil der Bomben auf die dortigen prachtvollen Bürgerhäusern. Von den Gebäuden blieb nichts weiter übrig als die Kellergewölbe, die sich noch heute unter dem Rasen am Brauhausberg befinden. Zwei Tage nach dem Angriff fotografierten die Briten das Gebiet aus der Luft, um den Angriff zu dokumentieren. 60 Jahre nach dem Bombenangriff konnten Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei die Fotografien auswerten. Weil Schutt und Rauchwolken damals die Sicht behinderten, war es niemandem möglich, die richtige Lage der Blindgänger einzuschätzen. Also stufte der Kampfmittelbeseitigungsdienst die gesamte Fläche als verdächtig ein. Bevor hier die Bauarbeiten für das neue Freizeitbad beginnen, muss der Kampfmittelbeseitigungsdienst die Blindgänger entschärfen. Herauszufinden, wo genau die liegen, ist die Aufgabe des Munitionssuchtrupps der Firma Sontec aus Oranienburg. Dazu haben die Feuerwerker vier Hektar in ein Raster aufgeteilt. Alle 1,5 Meter leuchtet nun ein roter Fleck auf dem grünen Rasen. Das sind die Stellen, die später aufgebohrt werden sollen. Die Tulpen auf dem Beet am ehemaligen Springbrunnen haben aber erst einmal Glück. Um sie und um die rund 50 Bäume machen die Bombensucher einen Bogen. „Zwei bis drei Löcher können wir ruhig mal auslassen“, sagt Truppleiter Hardy Hase. Dort wo keine Bäume den Weg versperren, treiben orangefarbene Bagger mit sechs Meter langen Bohrern fünf Meter tiefe Löcher in die Erde. Unter den Baumkronen arbeitet der Trupp mit einer kleineren Maschine, die nur einen Zweimeterbohrer hat. So bleiben fast alle Blätter dran. Schlechter ergeht es den Bohrern: Neben dem Baucontainer des Trupps liegt ein Haufen zerschlissener Bohrerteile Sechskante aus Metall. Die Verbindungsstücke, die die Bohrer am Bagger halten, gehen immer wieder kaputt. Schuld sind die alten Kellermauern und der Kriegsschutt, auf den die Bohrer ständig stoßen. Sind die Löcher fertig, schiebt Roland Siepe blaue Plastikrohre hinein, und dann geht er mit seinem Sondenstab von Loch zu Loch. Vorsichtig lässt er das 3000 Euro teure Gerät an einem Kabel in die Tiefe hinab. Abendroth steht daneben in der einen Hand einen Minicomputer und einen Schreibblock, in der anderen einen Kugelschreiber. „Start“ ruft er und Siepe zieht die Sonde wieder hoch und „Stop!“ Möglichst gleichmäßig muss er das machen, denn die Sonde misst Störungen im Erdmagnetfeld. Über ein Kabel gelangen die Daten in den Computer. Riesige Zahlen laufen über den kleinen Bildschirm in Abendroths Händen. „Hier ist bestimmt was drin!“, meint er mit einem Blick auf die Anzeige. Die Feldstärke weicht hier stark von ihrem Normalwert ab: Ein Hinweis auf einen Eisenkörper. „Das kann Munition sein, aber auch einfach nur Schrott.“ Auf dem Koordinatensystem in seinem Block, hakt Abendroth das Loch 39 ab. Jedes hat eine Nummer, damit es später, wenn nach Munition gegraben wird, leicht zu finden ist. Während Klaus Abendroht sich dem nächsten Loch widmet, schütten seine Kollegen Nummer 39 bereits mit Kies zu. Hunderte Maulwurfshügel aus Menschenhand ordentlich aneinander gereiht. 103 Bohrungen überprüfen die Feuerwerker an diesem Tag, vier davon sind verdächtig. Kurz vor Feierabend um 16 Uhr überträgt der Truppleiter die Daten in sein Notebook. Ein spezielles Programm wird später errechnen, wie tief die Eisengegenstände liegen. Erst wenn Hardy Hase die gesamte Fläche ausgewertet hat, wird „gebuddelt“. Spätestens am 30. Juni soll das Grundstück für das Freizeitbad dann bombensicher sein.

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