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Aus dem GERICHTSSAAL: Hitlergruß oder harmloses Zuprosten?

Gesinnungskumpan des Angeklagten erhält Verfahren wegen Falschaussage

Aus dem GERICHTSSAALGesinnungskumpan des Angeklagten erhält Verfahren wegen Falschaussage Markus M.* (22) macht aus seiner Gesinnung kein Hehl. Selbstbewusst betritt der kahl geschorene Rundkopf den Verhandlungssaal des Amtsgerichts. Seht her, ich bin ein Neo-Nazi. Und das ist gut so, signalisiert er kraft seiner Körpersprache. Ein als Entlastungszeuge geladener Kumpel könnte der Zwillingsbruder des Angeklagten sein. Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft möchte Markus M. – ohne Berufsabschluss, ohne Job, ohne Zukunftspläne – allerdings nicht auf sich sitzen lassen. Am 2. Oktober vorigen Jahres soll er an einem Kiosk, angetrunken und lautstark, die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben, zugleich zackig die Hacken zusammengeknallt haben. „Ich hatte ein Bierglas in der Hand und wollte meinem Bekannten zuprosten“, entgegnet der wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Angeklagte mürrisch. „Wie soll ich denn da die Hacken zusammenschlagen? Da schwappt ja alles über.“ Er habe lediglich „Zum Wohl“ gerufen und die Hand ausgestreckt. Sein ihm gegenüberstehender Kumpel habe desgleichen getan. Die beiden in der Nähe Streife laufenden Polizisten habe er sehr wohl gesehen. „Aber ich wollte sie nicht etwa provozieren“, beteuert der Glatzköpfige. Die Aufmerksamkeit des Polizeibeamten Eberhard Sch. (56) wurde an jenem Abend durch ein „eigenartiges Knallen“ geweckt. „Ich sah einen jungen Mann mit einem Bierglas in der linken Hand. Die rechte Hand streckte er geradeaus vor zum Hitlergruß. Er hat auch irgend einen Spruch abgelassen. Aber den konnte ich nicht verstehen“, so der als Zeuge Geladene. „In der Ausbildung wurde uns der Hitlergruß nicht extra demonstriert. Aber ich kenne ihn aus historischen Filmen“, berichtet Carla V. (23) im Zeugenstand. Die Polizistin beobachtete exakt dasselbe wie ihr erfahrener Kollege. Tom T.* (17) wird von der Richterin eingehend auf seine Wahrheitspflicht hingewiesen. Dennoch behauptet der Gesinnungsfreund des Angeklagten steif und fest, sein Kumpel habe alles so dargestellt, wie es sich zugetragen habe. „Ick weeß, det Markus so wat nie machen würde“, tönt er. Allerdings wird von der Vorsitzenden sofort ausgebremst. „Der Angeklagte ist einschlägig vorbestraft, und das ist noch gar nicht lange her.“ Der Staatsanwalt kündigt Tom T. an, umgehend ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen ihn einzuleiten. Markus M. wird zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 11 Euro verurteilt. (* Namen geändert.) Hoga

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