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Sport: Hoffnung an den Riemen

In neuen und in bewährten Booten streben Potsdams Spitzenruderer die Olympischen Spiele in London an

Neue Ruder, neues Glück? Juliane Domscheit und Daniela Schultze vom Ruderclub Potsdam wollen in diesem Jahr versuchen, sich gemeinsam als Riemerinnen statt solo als Skullerinnen in die deutsche Olympia-Flotte zu kämpfen. Mit je zwei Skulls waren Domscheit 2010 mit dem Doppelvierer und Schultze 2011 mit dem Doppelzweier U23-Weltmeisterin geworden – bessere Perspektiven sehen beide derzeit jedoch mit je einem als „Riemen“ bezeichneten Ruder. „Das ist jetzt ein Experiment, von dem wir uns viel erhoffen“, meint die 21-jährige Daniela Schultze, die aus einer Cottbuser Ruder-Familie stammt – Vater Sven ist dort Trainer, Mutter Beate war einst DDR- Meisterin – und 2006 an die Potsdamer Sportschule kam. „Im Riemenbereich haben wir größere Chancen“, glaubt die zwei Jahre ältere Juliane Domscheit, die 2005 als Quereinsteigerin von Potsdams Schwimmern in den Seekrug wechselte. Der Zweier ohne Steuerfrau und der Achter Deutschlands müssen sich Mitte Mai in Luzern noch das Olympia-Ticket sichern.

Daher trainieren die beiden Schützlinge des Potsdamer Trainers Steffen Becker seit einigen Wochen gemeinsam im Zweier ohne Steuerfrau für die Kleinboot- Überprüfung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) am 14. April in Köln, die in diesem Jahr die einzige Qualifikationsmöglichkeit für die A-Nationalmannschaft sein soll. „Anfangs gab es Einheiten, in denen wir dachten, wir kentern gleich“, erzählt Domscheit, die ihr Ruder steuerbord, also links, durch das Wasser führt. „Dann aber ging es immer besser. Der Durchzug ist im Prinzip der gleiche wie beim Skullen, aber in der Auslage muss man sich eindrehen – und darauf vertrauen, dass die Partnerin das auch ordentlich macht.“ Was Schultze, die backbord (rechts) riemt, bestätigt: „Man muss sich jetzt mehr aufeinander abstimmen als beim Skullen, sonst fährt man schnell im Kreis.“ Im dreiwöchigen Trainingslager in Albanesi nahe Palermos auf Sizilien, aus dem es am Mittwoch heimkehrte, übte das neue Duo dann täglich auf einem Stausee, „und mit Jule auf Schlag waren die letzten Fahrten schon recht schnell“, befindet Coach Becker.

Neben Domscheit und Schultze übte Steffen Becker auf Sizilien auch mit einigen Skullern des im vergangenen Herbst neu gegründeten RC Potsdam, die Olympia in London anstreben. Beispielsweise Stephanie Schiller, die 2011 in Bled mit den drei Berlinerinnen Britta Oppelt, Tina Manker und Julia Richter Weltmeisterin mit dem Doppelvierer wurde. „Unser Boot harmonierte sehr gut, daher würden wir auch in London gern den Vierer rudern – aber auch wir müssen uns in Köln erst einmal im Einer qualifizieren“, erklärt BWL-Studentin Schiller, die derzeit an ihrer Diplomarbeit schreibt. In Köln wollen sich auch Vize-Europameister Falko Nolte und der zweifache Junioren-Weltmeister Felix Bach, der 2011 in seinem ersten U23-Jahr mit dem Vierer gleich U23-WM-Bronze gewann, für London empfehlen; ebenso Clemens Wenzel, der nach einer verletzungsbedingt verkorksten Saison 2011 erklärt: „Ich will nochmal angreifen.“

Große Olympia-Hoffnungen macht sich auch Hans Gruhne, der bei den WM in Bled mit dem Rostocker Stephan Krüger im Doppelzweier Gold nur um sechs Hundertstelsekunden verpasste und Silber gewann. „Am liebsten würden wir beide auch in London zusammen rudern“, meint Gruhne, der nicht mit auf Sizilien trainieren konnte, weil er in Ratzeburg einen Stufen- und einen 6000-Meter-Test des DRV absolvieren musste. „Die waren letztlich okay“, sagt er dazu.

Ab nächster Woche werden Hans Gruhne und Potsdams weitere Skull-Hoffnungen für London im DRV-Trainingslager im französischen Le Temple für diese Saison schwitzen. Unterstützt werden sie in ihrer Vorbereitung wie schon in den vergangenen Jahren vom „Verein der Freunde und Förderer des Rudersports in Potsdam“, der die Asse sowie ihre Trainer und Sponsoren am Donnnerstagabend zum Neujahrsempfang ins Kongresshotel am Templiner See eingeladen hatte. „Wir wollen dort helfen, wo die Mittel des Leistungssports nicht reichen“, erklärte Vereinschef Friedrich Miehe dabei. „2011 konnten wir die Ruderer mit insgesamt 14 000 Euro unterstützen, in diesem Jahr bisher schon mit 6000 Euro.“ Ministerpräsident Matthias Platzeck würdigt solch Engagement mit den Worten: „Ohne Netzwerke wie den Förderverein für die Ruderer gäbe es das Sportland Brandenburg nicht.“

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