zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Hollywood in der Burgstraße

Die Luxemburg-Schule hat Probleme – mit Vorurteilen. Vera Paul kämpft für den Erhalt der Einrichtung

Die Luxemburg-Schule hat Probleme – mit Vorurteilen. Vera Paul kämpft für den Erhalt der Einrichtung Von Jan Brunzlow Friederike steht auf, wirft den Schultisch durch den Raum und schreit ihre Freundin an. Sie brüllt, als wolle sie ihrer Gegenüber an die Wäsche. Eigentlich ein Fall für die Mediatoren der Rosa-Luxemburg- Schule, die Streitschlichter. Nicht jedoch in diesem Fall. Hier bekommt die in schwarz gekleidete Zehntklässlerin sogar Beifall für ihren Wutausbruch. Sie steht auf der Bühne des früheren Speisesaals an der Burgstraße und spielt die Eifersuchtsszene zwischen Rose und ihrem Verlobten Caledon aus James Camerons Hollywood-Streifen Titanic. Seit mehr als drei Jahren lernt Friederike an der Ganztagsschule, die ab August Oberschule wird. Anfangs weil sie an keiner anderen Schule der Stadt zurechtkam. Inzwischen, weil sie an der auf Problemschüler eingestellten Einrichtung einen neuen Mittelpunkt gefunden hat. Die Schule von Leiterin Dr. Vera Paul steht seit Jahren in der Diskussion. Im Vorjahr entrann sie nur knapp der geplanten Schließung, in diesem Jahr nun soll die neue Primarstufe installiert werden. Einfach haben es die Lehrer dabei nicht: Das Haus ist unsaniert und genießt den Ruf einer Schule der letzten Hoffnung. In der Stadt gibt es zudem Überlegungen, die Burgstraße zu verlängern. Wird sich dafür entschieden, müsste die Aula der Schule weichen. Auch gibt es Gedanken, in Zukunft die benachbarte Förderschule mit einem anderen Standort zusammen zu legen. Vera Paul weiß um alle diese Schwierigkeiten, in Bezug auf die Schüler hat sie selbst oft genug geglaubt, dieser oder jener wird es nicht weit bringen. Und immer wieder wurde sie eines Besseren belehrt. Sei es durch die Erfolge von Rosas Lerninsel zur besonderen Förderung, dem Ruheraum für Konzentrationsübungen, die LRS-Förderung oder der Schulpsychologin. Neuntklässler werden hier manchmal in die 7. Klasse eingestuft oder Schülerinnen kommen von anderen Einrichtung, an denen sie nicht mehr zurecht kamen, sagt Paul. Deren Leistungen würden sich aber nicht automatisch verbessern, mit ihnen wird hier gearbeitet, so die Direktorin. Einen Einblick in ihre Gefühlswelt vermittelte sie am gestrigen Tag der offenen Tür, der gemeinsam mit der C. F. Flick- Stiftung organisiert wurde. Feuerwehr, Polizei, Turbine-Fußballerin Christiane sowie die Babelsberger Kicker Heiko Bengs und Florian Greve waren vor Ort, um der Ganztagseinrichtung Glanz zu verleihen. Die Flure der Schule vom Bautyp Erfurt sind künstlerisch gestaltet, ebenso das Schülercafé mit Wandgemälde. Neu sind jedoch nur die Anschaffungen für die Arbeit mit Schülern. Video-Beamer, Ton- Brennofen oder Töpferscheibe gehören dazu, das Computerkabinett wurde dank der Landesmittel ausgestattet. Nun soll ein Teil der Schule abgetrennt und als Primarbereich aufgebaut werden. Die Genehmigung für die kleinen Umbauten seien inzwischen gegeben, die Finanzierungszusagen der Stadt auch. Der Grund: Die Erstklässler sollen im Haus keine Berührungspunkte zu den Schülern der Oberschule haben. Schon jetzt gestaltet sich die bevor stehende Einschulung problematisch, denn nur wenige Anmeldungen sind bislang aus dem Schulbezirk eingegangen. Die meisten der Eltern aus der Berliner Vorstadt und dem Holländischen Viertel wollen ihre Sprösslinge an die Eisenhart- oder Dortu-Schule schicken. Sei es aus Unwissenheit oder aus Voreingenommenheit. Vera Paul muss mit beidem leben, doch sie will eine faire Chance für ihre Einrichtung. Genau so eine, wie die Schule beispielsweise Friederike gegeben hat. Sie wird nach den ganzen Schulproblemen in diesem Jahr ihren Abschluss machen und will Schauspielerin werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false