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Landeshauptstadt: Irisch statt bayerisch

Der Ire James Doyle hat aus dem „Schmankerl“ einen Irish Pub gemacht – und nächtigt schon mal auf dem Billardtisch

Der Ire James Doyle hat aus dem „Schmankerl“ einen Irish Pub gemacht – und nächtigt schon mal auf dem Billardtisch Von Corina Brucker Dreimal die Woche schläft James Doyle auf einem Billardtisch. Im Keller der Zeppelinstraße 39. Dort eingezogen ist der Ire vor gut einem Monat – aber nicht in eine Wohnung, sondern in das ehemalige bayerische Gasthaus „Schmankerl“. Das heißt nun „Doyles“ und ist zu einem Irish Pub geworden. Mit einem Wirt, dem der Heimweg nach Wittenberg oft zu lang ist. „Meistens habe ich keine Lust mehr, nach Tresenschluss noch Auto zu fahren oder will zum Feierabend selbst mal ein Pint trinken.“ Als Ire nähme er einen harten Schlafplatz als Preis für ein gemütliches Bier gerne in Kauf, sagt er augenzwinkernd. James Doyle stammt aus der Küstenstadt Wicklow im Südosten Irlands. Doch auf der grünen Insel wurde es ihm zu langweilig. „Ich hatte einfach keine Lust mehr auf die irischen Hotels“, sagt der gelernte Barkeeper. Im Winter 1997 entdeckte Doyle in der Wicklower Tageszeitung eine Anzeige eines Wittenberger Irish Pubs, der auf diesem Wege einen irischen Barkeeper suchte, und bewarb sich um den Posten. „Ich hatte die Bewerbung schon völlig vergessen, als ich im Februar einen Anruf aus Deutschland bekam“, erzählt er. Der Chef des Wittenberger Pubs habe ihn nur gefragt, ob sein Lebenslauf stimme und ob er deutsch sprechen könne. Als Doyle letzteres mit „No“ beantwortete, wurde er eingestellt und siedelte nach Deutschland um. „Deutsch habe ich hinter dem Tresen gelernt“, berichtet der Mann, den alle nur Jamie nennen. „Nirgendwo lernt man so viel fürs Leben wie hier“, meint er und deutet in den Schankraum. Als er in Wittenberg arbeitete, kam ihm schnell die Idee, einen eigenen Pub zu eröffnen. Vier Jahre lang sah er sich in Potsdam nach einem passenden Haus um. Das Lokal in der Zeppelinstraße 39 gefiel ihm sofort, doch der Vermieter habe sich zunächst auf ein bayerisches Lokal festgelegt. „Vor einiger Zeit rief mich ein Bekannter an, um mir zu sagen, dass er ein Objekt für mich gefunden hätte – und ich war nicht wenig überrascht, als ich dann vor genau dem Landen stand, den ich schon immer wollte“, sagt der drahtige Ire. „Lange überlegt habe ich nicht mehr.“ Mit dem „Doyles“ habe er sich einen langjährigen Traum erfüllt. „Nach Potsdam wollte ich schon immer, seit ich in Deutschland bin“, erklärt der 33-Jährige in fließendem Deutsch. Mit drei Mitarbeitern, die er aus Wittenberg mitgebracht hat, schmeißt Jamie nun seit gut einem Monat das „Doyles“. „Wir haben ganz ruhig angefangen und feiern jetzt die große Eröffnung mit Live-Musik, darauf freue ich mich wirklich,“ sagt er. Außer 16 verschiedenen irischen Whiskey-Sorten und 17 schottischen Whiskeys gibt es im „Doyles“ auch warme Küche bis 23 Uhr und ein „günstiges“ Mittagsmenü mit Fish & Chips und dem National-Eintopf Irish Stout. Das berühmte irische Guinness findet man hier allerdings nicht. Statt dessen gibt es „Beamish“, Cidre oder Stout Ale. „Guinness ist für Touristen“, sagt Doyle und grinst. Wann er vom Billardtisch in eine Potsdamer Wohnung zieht, weiß er noch nicht, aber ein Bett vor Ort sei langfristig in Planung.

Corina Brucker

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