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Landeshauptstadt: Klagewelle rollt weiter

Jobcenter: Neues Widerspruchsverfahren geplant

Die Klagewelle von Potsdamern gegen Hartz-IV-Bescheide hält unvermindert an – wenn auch auf gleichbleibendem Niveau. So seien kurz nach Jahresende noch insgesamt 2011 Verfahren gegen das Jobcenter anhängig gewesen, teilte die für die Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze zuständige Behörde auf PNN-Anfrage mit. Zum Vergleich: Ende 2010 seien es 2008 Verfahren gewesen. „Eine Wandel ist noch nicht zu erkennen“, sagte Jobcenter-Chef Frank Thomann. Auch die gesunkenen Kosten durch Klagen und Widersprüche seien eher durch Effekte bei der Abrechnung zu erklären. Im vergangenen Jahr musste die Behörde demnach für juristische Auseinandersetzungen 273 000 Euro ausgeben, rund 65 000 Euro weniger als 2010. Damals hatten die Kosten einen Höchststand erreicht, weil am Sozialgericht mehr Richter eingesetzt und so auch viele Altfälle abgearbeitet wurden.

Der Klagewelle will Thomann nun mit einer Verfahrensänderung begegnen: Bei der Bearbeitung von Widersprüchen soll ab März ein neues System ausprobiert werden. Demnach sollen laut Thomann alle Beschwerden über Hartz-IV-Bescheide nunmehr direkt in den Abteilungen einlaufen, die dafür verantwortlich sind. Bisher seien Widersprüche sofort auf die Tische des juristischen Bereichs gegangen. „Damit könnte die Zahl der Widersprüche sinken – und damit auch die Zahl der Klagen“, hofft Thomann. Es sei dabei absehbar, dass das neue Verfahren „Kraft“ kosten werden – gerade für Mitarbeiter in Abteilungen, die Leistungen nach den Hartz- IV-Gesetzen ausrechnen müssen.

Hartz-IV-Bescheide gelten allgemein als fehleranfällig, Experten beschreiben die Gesetze als handwerklich mangelhaft und bürokratisch aufgebläht. So hat das Jobcenter im vergangenen Jahr von 4100 eingereichten Widersprüchen nach eigenen Angaben 1200 voll und knapp 500 teilweise stattgegeben. Von nachfolgenden 1100 Klageverfahren habe das Jobcenter in knapp 650 Fällen – das ist mehr als die Hälfte – verloren, hieß es weiter. Als Grund für die häufigen Klagen gilt auch, dass Kläger selbst bei Niederlagen am Sozialgericht keine Prozesskosten fürchten müssen. Weiterhin würden sich auch spezialisierte Anwaltsbüros im Kampf gegen Bescheide des Jobcenter einträgliche Nischen schaffen, heißt es aus der Hartz- IV-Behörde. Dort werden aktuell knapp 9000 Bedarfsgemeinschaften mit rund 14 500 Personen, darunter etwa 4500 Arbeitslose betreut: Das Jobcenter zahlt unter anderem Arbeitslosengeld II aus, übernimmt Mietkosten oder vermittelt Ein-Euro-Jobs. H. Kramer

H. Kramer

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