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PRO & Contra: Kulturhauptstadt: Hat Potsdam nach Maier noch Chancen?

PRO & Contra E s ist keine Frage: Potsdam hätte für den Fall Andreas Maier den kulturellen Peinlichkeitspreis des Jahres verdient. Wie kann eine Stadt mit einem Literatur-Stipendium marketing-strategische Ambitionen verbinden?

PRO & Contra E s ist keine Frage: Potsdam hätte für den Fall Andreas Maier den kulturellen Peinlichkeitspreis des Jahres verdient. Wie kann eine Stadt mit einem Literatur-Stipendium marketing-strategische Ambitionen verbinden? Wie kann sie den Autor zum Stadtschreiber verpflichten, der Geschichte und Gegenwart miteinander verwebt und ohne Honorar aus seinem in der Landeshauptstadt entstandenen Werk liest, wenn die Stadt es wünscht? Dann die Querelen um seine Unterkunft, Platte oder Altbau. Die Liste der im Stadthaus gemachten Fehler ist lang. Der Fall Meier ist eine Provinzposse – und nicht mehr als das. Es geht um interne Klüngeleien, um mangelnde Absprachen, unterschiedliche Vorstellungen, schlechte Kooperation. Und zum Glück nicht um die allgemeine kulturelle Ausstrahlung der Stadt, ihre Schätze, die Schlösser und Gärten, die zeitgenössische Kultur, Theater, Tanz, Kunst und das europäische Selbstverständnis, dem sich die Stadt verpflichtet fühlt. Sicher hinterlässt der durch die bundesweite Presse gegangene Fall Kratzer im Lack der schönen Bewerbung. Noch lange wird die Geschichte nachhallen. Doch man sollte mit einem spöttischem Lächeln über sie hinweg sehen, so lange sie einmalig bleibt und die Stadt Konsequenzen aus der Sache zieht. Die Kriterien, nach denen die Jury zwischen den deutschen Konkurrenten ihre Wahl fällt, werden andere sein, als die Verfehlungen einer Stadtverwaltung bei einer Stipendium-Vergabe. Sie wird sich am Gesamtbild orientieren. Der Faux pas kann nicht das kulturelle Plus in den Schatten stellen. Die Chancen auf den Titel sind nicht bedeutend schlechter, als sie vor Maier waren. Marion Hartig Wahrscheinlich wird der Titel Kulturhauptstadt 2010 nach politischen Beweggründen vergeben, nicht nach kulturellen. Wenn das so ist, dann sieht es nicht gut aus. Görlitz hat dann aufgrund seines grenzüberschreitenden Osteuropa-Bonus die Nase vorn. Potsdam hätte mit besseren Ideen und besseren Organisationskompetenzen gegenhalten müssen. Nach dem Eklat um das Literatur-Stipendium für Andreas Maier kann von besser keine Rede mehr sein. Wird der Titel Kulturhauptstadt 2010 wider Erwarten nach kulturellen Gesichtspunkten vergeben – sieht es noch schlechter aus. Die Kultur- und Geistes-Elite Europas hat von Potsdam auf ihrem Gebiet bisher zwei Mal etwas gehört: Das erste Mal hatte Philosophenkönig FriedrichII. Denker, Aufklärer und Literaten – d“Alambert, Voltaire, la Mettrie – nach Potsdam geladen, um sie hier befreit von kirchlichen und ökonomischen Reglementierungen an ihren Werken arbeiten zu lassen. Das zweite Mal hörten sie in genannter Hinsicht etwas von Potsdam, als die Kulturverwaltung der Stadt einen jungen Literaten zur Arbeit in Potsdam einlud – um ihm vorzuschreiben, was er zu schreiben habe, um ihm die Rechte an seinem in Potsdam entstehenden Werk zu nehmen, um ihn auf Veranstaltungen von Wohnungsbaugesellschaften Hofknickse machen zu lassen. Und das alles 200 Jahre nach der von Friedrich II. ermöglichten Epoche der Aufklärung. Entscheidungsträger des Kultur- und Geisteslebens werden dies nicht als Lapsus werten. Großevents, siehe Beckenbauer und die Fußball-WM 2006, werden auch an Personen vergeben. Das Potsdamer Personal erwies sich jedoch als unfähig – und bleibt im Amt.Guido Berg

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