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Bilanz: Was Potsdamer 2015 im Kino sahen: Kunst und Agenten

Mehr Mainstream, weniger Arthouse: Was die Potsdamer 2015 im Kino sehen wollten – und wie sich die Kinobetreiber in diesem Jahr auf die veränderten Wünsche des Publikums einstellen.

Potsdam - Deutlich mehr Zuschauer im UCI-Kino in den Bahnhofspassagen, dagegen nur mäßige Freude bei den Kinomachern im Babelsberger Thalia und im Filmmuseum: Die Bilanz des vergangenen Kinojahres fällt in Potsdam durchwachsen aus – und die Kinobetreiber reagieren auf die Entwicklung. Im Multiplex kommt 2016 buchstäblich Kunst ins Kino, im Arthouse-Kino in Babelsberg immer öfter auch mal ein Hollywood-Kassenschlager.

Das UCI im Bahnhof verkaufte 70 000 Tickets mehr

Über einen Besucherzuwachs von rund 17 Prozent konnte sich UCI-Kinoleiter René Pilz 2015 freuen – rund 70 000 Karten mehr verkaufte das Multiplex in den Bahnhofspassagen, wie Pilz den PNN sagte: „Es war ein sehr gutes Kinojahr.“ Klassische Blockbuster wie „Star Wars“, das Bond-Abenteuer „Spectre“ und der letzte Teil der „Tribute von Panem“-Serie lockten ebenso Besucher wie die deutschen Erfolgsfilme „Fack ju Göhte 2“ oder „Honig im Kopf“.

Auch für 2016 rechnet Pilz mit einer guten Entwicklung: „Wir sind ganz optimistisch, trotz Fußball-EM.“ Das Kino setzt neben den Filmen auch weiter auf Übertragungen von Opern, Balletts und Theaterstücken aus renommierten internationalen Häusern wie dem Royal Opera House in London. Die Live-Übertragungen zu deutlich teureren Kartenpreisen haben mittlerweile ihr festes Publikum gefunden. Auch einen Besuch in weltbekannten Kunstmuseen kann man im UCI erleben: Bei der Reihe „Exhibition on Screen“ bekommen Kinobesucher unter anderem die Goya-Ausstellung der Londoner National Gallery oder die Renoir-Ausstellung der Barnes Collection in Philadelphia auf der Leinwand präsentiert.

Das Babelsberger Thalia verlor rund fünf Prozent Zuschauer

Bewegung gab es 2015 auch im Babelsberger Thalia – allerdings leicht nach unten: Fünf Prozent der Zuschauer, rund 7000 Karten, verlor das Programmkino im Vergleich zum Vorjahr und landete bei rund 145 000 Zuschauern, wie Chef Thomas Bastian den PNN sagte. Er spricht von einem „relativ glimpflichen Ausgang“ eines Kinojahres, das kaum in die Gänge kam: „Wir hatten den Frühjahrshit ,Frau Müller muss weg’ – und dann ein langes, tiefes Loch.“ Der Blick auf die weiteren Zuschauerhits verwundert: „Minions 2“, „Star Wars – Das Erwachen der Macht“ und der Bond-Film „Spectre“ liefen gut – alles klassische Blockbuster, die man eher im Multiplex erwartet als im gut sortierten Programmkino.

Diese Verschiebung in Richtung Mainstream habe mit der Nachfrage zu tun, sagt Bastian: Die Generation, die das Thalia durch die Familien-Reihen von klein auf kennen und schätzen gelernt habe, sei jetzt „ein paar Jahre älter und will ,Star Wars’“. Als Kinobetreiber wolle er dem entgegenkommen – allerdings mit einer Besonderheit: Im Thalia sollen die Filme dann hauptsächlich im Original mit Untertiteln laufen. Festhalten will das Thalia darüber hinaus am „Originalmontag“, an dem alle Filme in Originalversion laufen – auch wenn das bei Besuchern immer noch hin und wieder für Unverständnis sorge, wie Bastian berichtet.

Thalia-Chef Bastian will Filme sorgfältiger auswählen und mehr weglassen

Ansonsten gilt in Babelsberg die Devise „Weniger ist mehr“: Man wolle künftig sorgfältiger auswählen in der Filmflut und mehr weglassen. „Wenn man etwas als Arthouse-Krise benennen kann, dann die Tatsache, dass es zu viele austauschbare Filme gibt“, sagt Bastian. Schon im vergangenen Jahr hatte man die Zahl der gezeigten Filme von jährlich 420 auf 370 reduziert – Ziel sei es, bei 300 Filmen im Jahr zu landen. Erhalten bleiben sollen die Filmvorführungen oder Vorpremieren mit Gästen, aber auch Spezialreihen wie etwa zum Russischen Kino.

Gemischt fällt auch die Bilanz des Filmmuseums im Jahr eins nach der Wiedereröffnung des Kinos aus: Rund 28 000 Karten gingen über den Tisch – weniger als vor der sanierungsbedingten Schließung, als zwischen 30 000 und 40 000 Gäste pro Jahr den Weg ins Kino im Historischen Marstall fanden, wie Sprecherin Christine Handke sagt. Besonders gut liefen Reihen wie das „Aktuelle Potsdamer Filmgespräch“ oder die im September gestartete Reihe „Cinéma privé“, bei der bekannte Personen ihren Lieblingsfilm vorstellen und anschließend mit radioeins-Kinokritiker Knut Elstermann diskutieren – solche Sonderveranstaltungen seien stets ausverkauft. Bei regulären Vorstellungen, wenn etwa unter dem Motto „Fast verpasst“ Kinofilme der vergangenen Monate zu sehen sind, war der Saal hingegen oft leerer.

Zuschauerrückgang auch beim Filmmuseum

Das Filmmuseum hält auch in diesem Jahr an Bewährtem fest: So werden im Anschluss an die Berlinale im Februar die Filme und Filmemacher der Berlinale-Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ wieder zu Gast sein, wie Kino-Programmchef Sachiko Schmidt sagte. Auch für das Jüdische Filmfestival im Juni ist das Filmmuseum wieder Festivalkino. Auch die Filmgespräch-Reihe und die Stummfilmabende mit Livebegleitung bleiben.

Den Erfolg von Steven Spielbergs in Potsdam gedrehtem Agentenfilm „Bridge of Spies“ nimmt das Filmmuseum im Frühjahr als Anlass für eine Reihe mit Spionagefilmen: „Da geht es um Filme, die im Kalten Krieg entstanden sind oder diesen thematisieren“, sagt Sachiko Schmidt. Gezeigt werden sollen sowohl ostdeutsche als auch bundesdeutsche, osteuropäische oder internationale Filme – und natürlich „Bridge of Spies“, der für sechs Oscars nominiert ist.

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