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Interview: „Lebensgefahr nur für Allergiker“

Doktor Ulf-Reiner Frenzel, Oberarzt der Dermatologie am Potsdamer Klinikum ernst von Bergmann über die gesundheitlichen Risiken durch den Eichenprozessionsspinner und geeignete Gegenmaßnahmen.

Herr Frenzel, wie gefährlich ist der Eichenprozessionsspinner für Menschen?

Bei direktem Hautkontakt gibt es fast obligatorisch eine Reaktion, egal ob jemand Allergiker ist oder nicht. Das liegt an dem Gift in den Brennhaaren. In der Regel ist das für das Allgemeinbefinden sehr unangenehm, weil es einen starken Juckreiz gibt, lebensgefährlich ist es aber nicht. Wenn man die Haare aber einatmet, kann das bei Allergikern schwerere Reaktionen auslösen – von Asthma bis zum Schock – die auch lebensbedrohlich sein können.

Wie kann man sich schützen?

Das geht nur, wenn man jeglichen Kontakt mit den Haaren der Raupen vermeidet. Das ist aber schwierig, weil die Haare auch durch die Luft fliegen. Auf jeden Fall sollte man Eichenwälder meiden, weil da die Gefahr eines Kontaktes am größten ist.

Was muss man im Falle eines Kontaktes tun?

Am besten sofort duschen, denn damit werden die Haare weitgehend von der Haut gespült. Auf keinen Fall sollte man reiben, denn sonst werden die Haare in die Haut eingerieben. Sie setzen sich mit ihren Widerhaken fest und können das Gift freisetzen.

Sollte man zum Arzt gehen?

Im Allgemeinen ist keine ärztliche Hilfe nötig. Es reicht, wenn man die Reizung leicht kühlt. Allergiker sollten sich in der Apotheke ein Antiallergikum besorgen. Gegen den Ausschlag helfen auch Cortisoncremes, deren leichte Varianten man freiverkäuflich in der Apotheke erhält. Wenn man Haare einatmet, sollte man aber zum Arzt gehen, am besten zu einem Pulmologen, einem Lungenarzt.

Wie lange dauert die Genesung?

Der Juckreiz hält relativ lange an. In den ersten fünf bis sieben Tagen tritt er am stärksten auf, danach geht er zurück. Nach 14 Tagen sollten alle Beschwerden abgeklungen sein. Bei einer Behandlung kann das etwas abgemildert werden.

Können Schäden zurückbleiben?

Das klinische Bild ist da relativ bunt. Bei den meisten bilden sich auf der Haut Quaddeln oder Papeln, also Pickel und Bläschen, die sich beim Kratzen infizieren können. Das Kratzen sollte man also vermeiden, sonst können Narben bleiben. Im Allgemeinen heilt die Haut aber ohne Narben ab.

Kann man seine Kinder überhaupt noch gefahrlos zum Spielen auf die Wiese schicken?

Auf die Wiesen schon, aber nicht in Eichenwälder. Am besten erkundigt man sich vor einem Waldspaziergang bei den zuständigen Behörden, etwa beim Forstamt, ob der Wald befallen sein könnte. Selbst, wenn es keine Nester gibt, können noch Haare aus dem vergangenen Jahr herumliegen, denn das Gift wird auch durch Kälte nicht abgetötet.

Sind Kinder besonders gefährdet?

Nein, es sei denn sie entwickeln ein allergisches Asthma. Dies kann jedoch bei älteren Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Kleinkindern und Säuglingen häufiger sein.

Die Fragen stellte Peer Straube

Doktor Ulf-Reiner Frenzel ist Hautarzt, 48 Jahre alt und seit 14 Jahren Oberarzt der Dermatologischen Klinik im kommunalen Klinikum „Ernst von Bergmann“.

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