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Landeshauptstadt: Leichenbrand im Tonkrug

3000 Jahre alte Urnengrabstätte in der Burgstraße entdeckt

3000 Jahre alte Urnengrabstätte in der Burgstraße entdeckt Innenstadt - „Den Toten verbrannten die Angehörigen zu ebener Erde“, erklärt Jonas Beran. Der Archäologe hockt in einem etwa 150 Zentimeter tiefen Graben in der Burgstraße und kratzt vorsichtig den Sand von der Oberfläche eines mit Steinen bedeckten Tongefäßes. „Nach dem Verbrennen wurden die Überreste, der so genannte Leichenbrand, in das Gefäß gefüllt, möglicherweise mit Beigaben versehen, gedeckelt und mit Erde zugedeckt.“ Vor zirka 3000 Jahren sei das geschehen, in der Jungbronzezeit. Das am Donnerstag entdeckte Grab befindet sich unmittelbar vor dem Wohnhaus in der Burgstraße 1 bis 3. Die Energie und Wasser GmbH will hier eine Gasleitung verlegen. „Da wir wissen, dass in diesem Gebiet Bodendenkmale zu erwarten sind, beauftragen wir vor solchen Arbeiten Archäologen mit der Untersuchung“, erklärt Stadtarchäologin Gundula Christl. „Das ist ein sehr schönes Tongefäß“, sagt sie über die Urne und meint deren Form, denn mit Ornamenten versehen ist sie nicht. Die Archäologie-Manufaktur aus Wustermark, die bereits auf vielen Potsdamer Baustellen wie auf dem Alten Markt, in der Schiffbauergasse sowie an anderen Stellen der Burgstraße fündig wurde, ist hier mit den Grabungen betraut. Wie Grabungsleiter Beran erläutert, werde die Fundstelle zunächst genau dokumentiert, anschließend werde die Urne verschnürt, vorsichtig herausgehoben, und im Labor wissenschaftlich untersucht. Dort werde auch der Deckel abgenommen und das Geheimnis um den Inhalt, zum Beispiel ob er Beigaben enthält, gelüftet. Wie Christl erläutert, könnten die Fachleute aus den Knochenresten sehr weit gehende Schlüsse ziehen, zum Beispiel über Geschlecht und Alter. Bei dem Fund handelt es sich nicht um das erste bronzezeitliche Grab, das Archäologen in Potsdam fanden. Bereits im November 1965 sicherte Richard Hoffman bei Leitungsverlegungen am Alten Markt östlich der Nikolaikirche in über zwei Metern Tiefe eine aufgewölbte Steinpackung von zwei Metern Durchmesser. Es handelte sich um Rollsteine, die pyramidenförmig aufgeschichtet waren. „Steinpackungsgrab“ nennen die Fachleute ein solches Gebilde. Von der Steinpackung bedeckt fand Hoffmann Leichenbrand zusammen mit Teilen von Bronzeschmuck. Außerdem standen Tongefäße dort, in denen sich ebenfalls Leichenbrand befand. Ob es sich bei der jetzt gefundenen Urne um einen Teil eines Steinpackungsgrabes handelt, lässt sich nicht sicher sagen. Die Erdschichten über der Urne sind frei von Rollsteinen. Laut Gundula Christl ist davon auszugehen, dass es sich nicht um ein Einzelgrab handelt, sondern um das Teil eines bronzezeitlichen Friedhofs. In der Nähe der Burgstraße sind bereits früher Grabstätten entdeckt worden, erzählt Christl. Bei diesen handelte es sich jedoch um „Körpergräber“, die aus der Zeit der slawischen Besiedelung stammen. Insgesamt sechs Funde dieser Art sind vor der Neubebauung der Burgstraße von den Archäologen dokumentiert worden. Die gestern geborgene Urne ist die bisher einzige, die auf den Bestattungsritus der Bronzezeit in dieser Umgebung hinweist.

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