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Landeshauptstadt: Leicht ist es nicht

Eine Diskussion über Kultur und Kulturdefizite

Innenstadt - Die große Abrechnung blieb aus, obwohl das Thema Anlass geboten hätte. Unter dem Motto „Kultur und Kulturdefizite in Potsdam“ hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg am Donnerstag in das Alte Rathaus geladen. Neben der Moderatorin Anita Tack, Landtagsabgeordnete der Fraktion Die Linke, saßen die Direktorin des Filmmuseums Potsdam und den Buchhändler Carsten Wist auf dem Podium. Auf der einen Seite eine Vertreterin einer staatlich geförderten auf der anderen ein Vertreter einer privatwirtschaftlich geführten „Kultureinrichtung“. Doch bevor es um das Thema des Abends ging, wurden Bärbel Dalichow und Carsten Wist ausführlich vorgestellt. Wobei auf diese Ausschweifungen gut und gern hätte verzichtet werden können, da wenige Worte genügen, um diese beiden so Unangepassten und immens für ihre Berufe Brennenden vorzustellen. Fraglich muss auch der lange Exkurs über die Entstehung des Filmmuseums zu DDR-Zeiten erscheinen, da es in der Diskussion schließlich um die heutige Situation gehen sollte. Und die sieht für Bärbel Dalichow, gelinde gesagt, nicht rosig aus.

Der Aussage von Anita Tack, dass eine staatliche Förderung in heutigen Zeiten zumindest Sicherheit bedeute, widersprach Bärbel Dalichow vehement. „100 Prozent Selbstausbeutung und ständig steigender Arbeitsdruck gehören zu unserem Alltag“, sagte sie. Im Gegenzug stagniert die öffentliche Förderung bei steigender Inflation. Und nun sollen ihr auch noch sechs Mitarbeiter gestrichen werden. „Unsere Aufgabe und die damit verbundene Qualität der Veranstaltungen und Ausstellungen leidet nicht darunter.“ Wer darunter leide, dass seien ihre Mitarbeiter. So viel zum Thema Sicherheit durch staatliche Förderung.

Obwohl er es begrüßen würde, wenn die Stadt mehr in Lesungen und andere literarische Veranstaltungen investieren würde, ist Carsten Wist froh, dass er auf eine solche Förderung nicht angewiesen ist. Einen Buchladen zu betreiben versteht er nicht als reinen Verkaufsakt. „In unserem Laden wollen wir Leser und Schriftsteller zusammenbringen“, sagte Wist. Doch erfahre er indirekte Unterstützung durch die Stadt, wenn er schnell und unproblematisch Lesungen aus seinem kleinen Laden in der Brandenburger Straße beispielsweise in die Schinkelhalle verlegen kann. Auch Bärbel Dalichow wollte ihre Einschätzung der Situation am Potsdam Museum nicht als Dauerklage verstanden wissen. „Wer kann der Stadt vorwerfen, dass sie keine weiteren Schulden machen will?“, fragte sie. Die Situation sei mehr als schwierig. Doch ginge es vor allem darum, sich nicht damit abzufinden. Dazu gehöre es auch, für seine Einrichtung zu kämpfen.

Als Anita Tack zum Ende der Veranstaltung auf die 20-Millionen-Spende von Hasso Plattner für die Fassade des Schlossneubaus zu sprechen kam und was ein Bruchteil davon dem Filmmuseum für Möglichkeiten eröffnen würde, winkte Bärbel Dalichow nur ab. Neid sei das Letzte, was sie hier empfinde. „Was Plattner für die Potsdamer getan hat, darüber kann ich mich nur freuen“, sagte Bärbel Dalichow. Dirk Becker

Dirk Becker

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