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Landeshauptstadt: Mit 100 Punkten willkommen

Jobbörse: Top-Arbeitskräfte auf dem Weg nach Australien oder Neuseeland

Jobbörse: Top-Arbeitskräfte auf dem Weg nach Australien oder Neuseeland Von Guido Berg Das geht ihm runter wie kühles Fosters: Volker Korb aus Suhl betritt den Bereich der Aussteller und was er sofort sieht, ist der Stand, an dem sie Rohrschlosser und Schweißer suchen. Das trifft sich, der Ostdeutsche ist von Beruf Schlosser und Schweißer. Aber er ist stinksauer auf Deutschland. Auch das trifft sich, es ist die australische Specpipe Group, die bei der Jobbörse der Agentur für Arbeit gestern im Haus der Industrie- und Handelskammer in Potsdam für seine Industriebaustellen in Australien gute junge deutsche Handwerker rekrutieren will. Nein, Volker Korb ist nicht arbeitslos. So ist es nicht. Er bekommt nur zu wenig Geld für seine Arbeit, findet er. Wenn er dann noch sieht, dass er von seinen Steuern auch nach Steuererklärung nichts zurück bekommt „Nichts kann man absetzen, mir reicht’s“, flucht er. Er will die Flucht nach vorn antreten. Oder mehr noch, er ist gerade dabei: Er füllt gleich vor Ort sein Visa-Formular aus. Da er ohne Partnerin ist und allein nach Down Under will, halbiert sich für ihn die Zahl der Zettel sogar. Der Mann ist so gut wie weg. Ja, er könne sich vorstellen, für immer auf dem Känguru-Kontinent zu bleiben. Schließlich sei die erste Zeit der Eingewöhnung die schwierigste, wenn er die hinter sich habe, gebe es für ihn kaum Gründe, das Gewonnene wieder aufzugeben. Der Rohrschlosser kommt ins plaudern, sein Stift ruht. „Do you have any problems?“ Der Mann von der Specpipe Group steht plötzlich neben ihm und lächelt hilfreich drängend. Er will Rohrschlosser Volker Korb und Volker Korb will weg aus Deutschland. Es trifft sich. Im großen Saal fragt Ian Riddle vom Londoner Immigrationsbüro Neuseelands in englischer Sprache, wer gut verstehen könne, was er sagt. Fast alle der vielleicht zweihundert Deutschen im besten Alter und jünger heben den Arm. Ian Riddles Augen glänzen. „Weil wir immigrieren wollen, deshalb“, ruft eine junge Frau in Englisch. Einige der Ausreisewilligen tragen Schlips und Kragen, einer hat eine Lederjacke und Off-Road-Schuhe an und sieht ein wenig aus wie Crocodile Dundee. Niemand aber in diesem Saal macht den Eindruck, er sei faul oder dumm. Es sind tat- und entschlusskräftige Deutsche, die sich im Hauptgebäude der Industrie- und Handelskammer Brandenburgs dafür rüsten, Deutschland künftig nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Die Agentur für Arbeit wird den Verlust als Gewinn verbuchen. Sie hat nach dem Weggang dieser Menschen weniger Arbeitslose in ihrer Statistik. Ian Riddle rümpft die Nase, „ein Doktor als Taxifahrer wie in Deutschland“, sagt er, „da haben wir ein besseres System, wir bringen ihn sofort in Arbeit“. Er erzählt, wer zwischen 18 und 30 Jahren ist, zwölf Monate in Übersee arbeiten will, eine hohe Qualifikation besitzt und sogar ein konkretes Job-Angebot vorweisen kann, bekommt nach wenigen Wochen sein Visa. Das ist der Idealfall. Aber auch wer kein Job-Angebot vorweisen kann, hätte bei einer Qualifikation, die in Neuseeland gefragt ist, gute Chancen. Wer dauerhaft nach Neuseeland auswandern wolle, müsse über hundert Punkte erreichen, dann „ist er willkommen“, so Riddle. Die Punktezahl errechne sich aus Erfahrung, Qualifikation, Alter (unter 56 Jahre) und konkretes Jobangebot. Wer eine Offerte außerhalb der Stadt Oakland vorweisen kann, bekomme ein paar Punkte dazu. Das Einwanderungsverfahren kann laut Agentur für Arbeit bis zu einem Jahr dauern. Gabriele Harrison arbeitet auch für die australische Specpipe Group. Ja, dass sah gut aus, sagt sie auf die Frage, ob Schlosser Volker Korb in ihr Schema passe. Die Firma betreibe in Australien Industrie- und Anlagebau in großem Stil. In Camps würden 300 bis 1000 Arbeiter wohnen, sie bekämen Unterkunft, Verpflegung und Entertainment vom Unternehmen gestellt. Mit Entertainment meint sie etwa Kino und Theater. Bei großen Baustellen würden richtige kleine Städte als Wohnort für die Arbeiter entstehen. Die Leute müssten fünf Wochen arbeiten und hätten dann eine Woche frei. Als maximal-möglichen Verdienst nennt sie bis zu 200000 australische Dollar (125000 Euro) im Jahr. „Kluge Leute“, sagt sie lächelnd, „halten ihr Geld fünf bis zehn Jahre zusammen und brauchen danach nie mehr zu arbeiten“. Aber nur wirklich kluge Leute machten dies so, die „Charaktere seien da aber sehr verschieden“.

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