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Von Michael Meyer: Mit dem Krummstab vom Luftschiffhafen bis nach Australien

Fritz Metschies, der älteste aktive Hockeyspieler des Landes, wird heute 70 – und hofft auf seinen EM-Einsatz

Mit Fritz Metschies feiert heute der älteste noch aktive Hockeyspieler des Landes Brandenburg seinen 70. Geburtstag – und vom Krummstab kann der Potsdamer weiterhin nicht lassen. „Es macht immer noch Spaß“, meint der einstige Lehrer, der in seiner Heimatstadt nach dem zweiten Weltkrieg zu den Hockeyspielern der ersten Stunde zählte und in diesem Jahr hofft, für Deutschland bei der Ü70-Europameisterschaft Ende August in Amsterdam auflaufen zu dürfen. Schließlich gewann der einstige Lehrer beim „Great Grand Master Turnier“, praktisch der WM seiner Altersklasse, mit der Ü65-Nationalauswahl 2004 in Athen Gold und im Jahr darauf an Australiens Westküste Bronze. Zum Turnier 2008 in Hongkong konnte er nicht mit, weil er sich zuvor im heimischen Garten einen Wadenbeinbruch zugezogen hatte. „Inzwischen bin ich aber wieder fit, kann wieder rennen und trainieren und spielen“, signalisiert der rüstige Rentner. Einmal in der Woche übt er auf der Hockeyanlage an der Templiner Straße, ansonsten hält er sich in Bornstedt fit, wo er mit seiner ungarischen Frau Aniko seit einigen Jahren ein hübsches eigenes Häuschen bewohnt. Und wenn die „Alten Fritzen“ – das Seniorenteam der Potsdamer Sport-Union 04 – zu gelegentlichen Spielen antritt, ist ihr Grandseigneur selbstverständlich dabei.

58 Jahre ist es jetzt her, dass Fritz Metschies erstmals einen Krummstab in die Hand nahm. 1951 war es, als der Potsdamer Sportlehrer Erwin „Spatz“ Sperfeld, ein begeisterter Hockeyspieler, auch seinen damals 12-jährigen Schüler aus der Stadtheide im Luftschiffhafen ins Abc dieser Sportart einweihte. „Zum Fußball und Handball hatte es mich nicht so gedrängt. Aber als ich den Hockeyschläger das erste Mal in der Hand hatte, hatte ich das Gefühl: Das ist es“, erinnert sich Metschies. „Und fortan hat mich dieser Sport nicht mehr losgelassen.“ Er spielte mit seiner Mannschaft für Turbine und später Empor Potsdam gegen Ost-Berliner Vereine um Meisterschaftspunkte und übernahm schließlich zusätzliche Verantwortung: Als 20-Jähriger begann er das Damen- Team des Vereins zu trainieren. Als Mittdreißiger wechselte er dann in der Männer-Mannschaft vom Spielfeld als Übungsleiter an die Seitenlinie – und führte die Potsdamer bis 1990 zu zahlreichen Erfolgen. Dreimal wurde Empor unter seiner Regie Oberliga-Meister, 1886/87 spielte Potsdam sogar in der Verbandsliga, der höchsten DDR-Spielklasse. „Am Ende fehlte uns ein einziges Tor am Klassenerhalt“, erinnert sich Metschies noch heute. Auch die Schwierigkeiten der damaligen Zeit – Hockey wurde als nichtolympische Sportart nicht gefördert – sind ihm im Gedächtnis geblieben. „Wir lernten zu improvisieren, bastelten zum Beispiel aus zwei kaputten Schlägern einen funktionsfähigen.“

Mit der Wende konnte Fritz Metschies dann an der heute nicht mehr existierenden Schule 49 am Schlaatz, an der er als Lehrer für Sport, Astronomie und Geografie tätig war, Hockey im Schulsport anbieten. Mit Erfolg: Zahlreiche Jungen kamen zur neu gegründeten Potsdamer Sport-Union – und manche seiner damaligen Schüler sind heute noch dabei. Manuel Krischker ist immer noch Stammspieler der 1. Mannschaft, Sven Demuth ist inzwischen deren Trainer, Matthias Müller Nachwuchscoach der PSU.

Und Fritz Metschies, der seinen geradlinigen Charakter weder vor noch nach der politischen Wende verbog, fand den Weg in die gesamtdeutsche Seniorenauswahl. „Wir sind nur vier Ostdeutsche in der Auswahl; drei Leipziger und ich“, erzählt er. Und: „Wir sind die Generation, die in der DDR nicht die technische Ausbildung bekam, wie man sie in der alten Bundesrepublik pflegte. Wir haben mehr im Kämpferischen und Läuferischen unsere Stärke.“ Das half auch 2004 in Athen, wo die Metschies-Truppe im Endspiel des „Great Grand Master Turniers“ England nach zweimaliger Verlängerung im dritten Durchgang des Siebenmeterduells endlich mit 12:10 besiegte.

Daran denkt er gern zurück, wie auch an das große Erlebnis Australien; 2005 düste der Potsdamer nach dem Turnier mit seiner Aniko noch durch den fünften Kontinent. Auch darüber wird vielleicht heute wieder erzählt, wenn Sohn Thomas und Tochter Judith sowie die Enkel Jacob (9) und Johannes (6) zur Familienfeier kommen. „Meine Familie ist mir das Wichtigste“, sagt Fritz Metschies. „Aber danach kommt der Hockeysport, für den man manches Opfer brachte.“ Sein Verein, die PSU 04, richtet für ihn Ostersamstag um 11 Uhr eine Partie der „Alten Herren“ gegen eine Mannschaft mit Spielern aus, die er einst trainierte. Dann wird der nun 70-Jährige wieder mit Begeisterung den Krummstab schwingen.

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