zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Nach Crash richtig getrunken?

2550 Euro Strafe und zehn Monate Fahrverbot

Der Staatsanwalt beschuldigt Rainer R.* (46), in der Nacht zum 28. Juli 2005 mit knapp zwei Promille in seinem Opel von der Straße abgekommen und in einen auf dem Seitenstreifen parkenden Ford Transit gekracht zu sein, in dem ein Pärchen saß. Danach soll der Betrunkene in aller Seelenruhe nach Hause gefahren sein. Die Polizeibeamten fanden den Schluckspecht wenig später tief schlafend im Zimmer seiner schwer kranken Mutter. Von den Uniformierten offensichtlich unsanft geweckt, soll sich Rainer R. geweigert haben, zur Blutprobe mit ins Präsidium zu fahren. Laut Anklage schlug er wild um sich, so dass ihm schließlich Handfesseln angelegt werden mussten.

Vor Gericht will sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen äußern. Statt dessen erklärt der Verteidiger, sein Mandant räume ein, dass es zu einem Zusammenstoß kam. Da er den im Transit sitzenden jungen Mann und seine Freundin vom Sehen kannte, habe er sich kurz einen Überblick über die Situation verschafft, allerdings keine Gründe gesehen, am Unfallort zu verweilen. Im übrigen gehe Rainer R. davon aus, dass der Grad seiner alkoholischen Beeinflussung zum Crash-Zeitpunkt die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille keinesfalls überschritten habe. „Mein Mandant hat vor Fahrtantritt drei bis vier kleine Bier, allerdings nach dem Unfall zu Hause noch vier halbe Liter getrunken. Dann ist er zu Bett gegangen“, so der Rechtsanwalt. Da der Vater von Rainer R. den Polizisten die Tür öffnete, sei er von deren Auftauchen völlig überrascht gewesen. „Der Angeklagte wollte den Beamten lediglich klar machen, dass seine Wohnung unantastbar ist.“

„Der Herr beteuerte, dass er bereits mehrere Stunden schläft“, berichtet ein als Zeuge geladener Polizeibeamter. „Er weigerte sich standhaft, uns seine Ausweispapiere zu zeigen und sich anzuziehen.“ Bierflaschen, die auf einen Schlummertrunk hindeuten, hätte er keine gesehen. Das Gericht geht zugunsten des Angeklagten dennoch von der Nachtrunk-Version aus. Es lud eigens einen Gutachter, der die Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes berechnen soll. Diese habe mindestens 0,63 Promille betragen, so der Experte. „Also bewegen wir uns im Bereich der relativen, keinesfalls der absoluten Fahruntüchtigkeit“, wirft der Verteidiger ein.

Das Gericht verurteilt den bislang nicht Vorbelasteten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, Unfallflucht sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 30 Euro (2550 Euro). Zehn lange Monate darf er nicht ans Steuer eines Autos. (*Name von der Redaktion geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false