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Nach dem Jura-Studium an der Uni Potsdam hat Imme Hackmann in Babelsberg eine Kanzlei eröffnet

Nach dem Jura-Studium an der Uni Potsdam hat Imme Hackmann in Babelsberg eine Kanzlei eröffnet Von Marion Schulz Anfang der 90er Jahre lebte Imme Hackmann noch in besetzten Häusern. Sie war dabei, als die legendäre Mainzer Straße in Berlin geräumt wurde, und auch als diese Häuser in Potsdam nach und nach verschwanden. Mittlerweile ist die 37-Jährige Rechtsanwältin und vertritt Mandanten auch in Sachen Mietrecht. Damit kennt sie sich seither gut aus. Imme Hackmann sieht mit ihrem grauen Pullover und der dunklen Hose aus, wie man sich eine Rechtsanwältin vorstellt. Gelassen sitzt sie auf einem Stuhl in dem Besprechungszimmer ihrer Kanzlei. Zwei Räume hat sie dafür in einem der für Alt Nowawes in Babelsberg typischen, eingeschossigen Weberhäuser eingerichtet. Hier berät Imme Hackmann, die bis 2002 an der Universität Potsdam Jura studiert hat, ihre Mandanten: vor allem in Arbeits-, Vereins,- oder eben Mietrecht. „Es sind vorwiegend die schwierigen, erst aussichtslos scheinenden Fälle, die mich reizen“, sagt sie. Wenn es knifflig wird, fange für sie der Spaß erst an. Spätestens dann also, wenn eine Klage wegen eines formalen Fehlers – etwa ein nicht eingehaltener Termin – schon abgelehnt wurde. Dann sucht sie doch noch einen neuen Zugang – und findet ihn meist auch. „Dabei wollte ich ursprünglich Dramaturgin werden“, erzählt sie. Doch schnell habe sie gemerkt, dass sie das Studium der Theaterwissenschaften in München nicht ausreichend fordere. Und als es mit dem Studienplatz in Wien nicht klappen wollte, begab sich Imme Hackmann auf Sinnsuche: „Ganz klassisch, nach Südostasien“, sagt sie und lacht. Vier Monate reiste sie durch Thailand und Sri Lanka um sich „neu zu ordnen“. „Und dann fragte mich ein Barbesitzer auf einer Insel, ob ich nicht einfach dableiben und bei ihm arbeiten wolle. Ich dachte nur: Oh Gott, das willst du dann doch wieder nicht.“ Für die politisch interessierte Frau, deren Vater ebenfalls Jurist ist, fiel die Entscheidung für das Jurastudium noch vor Ort. „Ich brauchte endlich etwas Struktur in meinem Leben“, so die Rechtsanwältin. Kaum zurück sei dann alles sehr schnell gegangen. Bewusst wählte sie die Potsdamer Universität, an der die Studierendenzahl damals „noch überschaubar“ gewesen sei. „Und dieses Studium habe ich dann auch ganz schnell durchgezogen.“ Direkt nach ihrem Studienabschluss machte sie sich selbstständig: aus der Not heraus. Bei zahlreichen internationalen Organisationen, bei denen sie sich beworben hatte, sei schnell klargeworden, dass ohne Beziehungen nichts läuft. Oder es wurden mindestens drei Jahre Berufserfahrung gefordert. „Gut, dachte ich mir. Dann besorg ich mir meine Berufserfahrung eben selbst“, begründet sie ihren Entschluss. Bereut habe sie ihre Entscheidung nie, so wie sie ohnehin nichts in ihrem Leben bereue. „Und ich hatte die beste Existenzgründerhilfe, die ich mir vorstellen kann.“ Fördergelder oder Kredite habe sie nie in Anspruch genommen. Doch ihr ehemaliger Chef, für den sie als Jurastudentin gearbeitet hatte, bot ihr die damals leerstehenden Räumlichkeiten im Weberhaus an – kostenlos. Heute kann sich Imme Hackmann vor Arbeit kaum retten. Mehr als 300 Mandanten hat sie seither betreut – meist außergerichtlich. Jeden Monat kommen etwa 20 neue hinzu. Sieben Tage in der Woche ist sie in ihrer Kanzlei, selten unter zehn Stunden am Tag. Unentgeltlich bietet sie außerdem innerhalb eines Potsdamer Vereins Rechtsberatungen für bedürftige Menschen an. Die schlanke Frau, die aus in Nordrhein-Westfalen stammt, nimmt den Stress gelassen: „Solange mir das Spaß macht, ist die Arbeit überhaupt kein Problem für mich.“ Natürlich gäbe es auch die unangenehmeren Fälle. Schwierige Scheidungen etwa, oder der Streit um das Sorgerecht eines Kindes. Dann, wenn Familien die „gesamte schmutzige Wäsche eines Ehekriegs“ auf ihrem Schreibtisch abladen. Als Anwalt sei man da eine Mischung zwischen einem Pfarrer, einem Psychologen und einem Lebensberater. „Ich rate in solchen Fällen immer, möglichst schnell klare Verhältnisse zu schaffen“, sagt sie. Bei der Arbeit sind die beiden Mischlingshunde Hein und Luzy immer mit dabei. Die Parknähe sei ideal für die Hunde. Doch die Anwältin befindet sich schon auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten: in der Innenstadt. „Ich möchte mich vergrößern“, erzählt sie. Eine Rechtsanwaltsgehilfin würde sie gerne einstellen und sich mit einem Kollegen zusammentun. Und wenn es eines Tages doch vorbei sein sollte mit dem Spaß, werde sie sich einfach umorientieren. „Ich habe dann kein Problem zu sagen: Jetzt habe ich mir etwas aufgebaut. Jetzt kann ich es auch abgeben und weiterschauen.“

Marion Schulz

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