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Landeshauptstadt: Nur ein Schloss darf es nicht sein

Erste Beratungen nach der Bürgerbefragung: Linkspartei.PDS findet Minimal-Konsens Die Andere will zweite Bürgerbefragung als „Stichwahl“ zwischen Schlossgrundstück und Speicherstadt

Potsdams Politiker ringen um einen Kompromiss zum Landtagsneubau auf dem Grundstück des früheren Stadtschlosses. Dass dort gebaut werden soll, dafür hat sich bei der Bürgerbefragung eine Mehrheit von 42,8 Prozent ausgesprochen. Doch wie soll der neue Landtag aussehen? Erste Festlegungen dazu werden im Bebauungsplan getroffen, dessen Entwurf bekanntlich im Stadtparlament zweimal durchgefallen ist. Nun wird eine stabile Mehrheit gesucht – die es nur mit den Stimmen der Linkspartei.PDS gibt, die die stärkste Fraktion bildet. Am Montagabend haben fast alle Fraktionen getagt und ihre Positionen neu festgelegt.

Linkspartei.PDS

Es muss heiß hergegangen sein bei der Linkspartei.PDS am Montagabend: Fraktion und Kreisvorstand tagten gemeinsam, die Sitzung hinter ausnahmsweise verschlossenen Türen dauerte länger als drei Stunden. Fazit des Fraktionschefs Hans-Jürgen Scharfenberg: „Wir hatten ganz schön zu tun – es war kontrovers, es gibt keine einheitlichen Auffassungen.“ Was bisher Konsens ist, hat die PDS in drei Punkten zusammengefasst. Erstens: Eine dritte Abstimmung über den Bebauungsplanentwurf für einen Landtag auf dem Schlossgrundstück am 31. Januar ist „aus Sicht der Linkspartei möglich“. Zweitens: Die Fraktion will sich weiter über eine gemeinsame Position verständigen, „die dem Ergebnis der Bürgerbefragung gerecht wird“. Dazu soll auch die Parteibasis befragt werden. Drittens: In jedem Fall gibt es eine eventuelle Zustimmung der PDS bei der Abstimmung nur, wenn es eine „klare Festlegung für den Bau eines neuen Landtags und nicht den Wiederaufbau des Stadtschlosses“ gebe. Scharfenberg stellte gestern klar, dass es bei der Sitzung ausschließlich um einen „Meinungsaustausch“ gegangen sei. Probeabstimmungen habe es nicht gegeben. Was genau die Festlegung auf einen Landtagsneubau statt Wiederaufbau des Stadtschlosses heißt, müsse in der nächsten Sitzung im Detail geklärt werden. Weiter verhandelt werden soll kommenden Montag. Wie die Parteibasis einbezogen werden soll, sei offen. Auf jeden Fall würden die Vorsitzenden der Basisorganisationen (BO) befragt, so Scharfenberg.

SPD

Die SPD-Fraktion hat am Montagabend festgelegt, zunächst bei ihrer Position zu bleiben. Damit steht sie weiter zu dem zwischen Land und Stadt ausgehandelten Bebauungsplanentwurf, der Abweichungen vom Schlossgrundriss zulässt und eine historische Fassade zum Alten Markt hin vorsieht. Das sagte gestern Fraktionschef Mike Schubert. Die äußere Gestalt des neuen Landtags würde damit von dem Investorenkonsortium vorgeschlagen, das mit einem Angebot für Bau, Architektur und Betrieb das Ausschreibungsverfahren des Landes gewinnt. Schubert wertete den bisher bei der PDS gefundenen Konsens positiv. Offen sei, was die Bedingung, die PDS werde nur dem Bau eines Landtages und nicht dem Wiederaufbau des Stadtschlosses zustimmen, für den Bebauungsplan bedeute. „Nach dem bisherigen Entwurf ist aber klar: Das, was wir bauen, ist ein Landtag“, so Schubert. Zu welchen Kompromissen die SPD bereit wäre, wollte der Fraktionschef nicht sagen. „Wir befinden uns im Abstimmungsprozess.“

CDU

Die CDU hat in der Fraktionssitzung ihr Ziel bestätigt: Sie will am 31. Januar einen gemeinsamen Antrag für den Landtags-Bebauungsplan mindestens von den Fraktionen PDS, SPD und CDU und dem Oberbürgermeister vorlegen. Was die Gestalt des Landtagsbaus angeht, bleibt die CDU bei ihren Vorstellungen: „Wir wollen einen modernen Landtag im Inneren“, so der CDU-Fraktionschef Steeven Bretz. Aber: „Äußerlich sollte das Stadtschloss deutlich sichtbar sein.“ Er sprach sich für „eine weitestgehende Schlossähnlichkeit“ aus. Zur Verhandlungsbereitschaft darüber wollte Bretz wenig sagen: Vor der Abstimmung „sollten wir uns nicht öffentlich und gegenseitig Bedingungen diktieren“. Er äußerte Verständnis für die „nicht ganz einfache politische Situation der PDS“ – und er vertraue darauf, so Bretz, dass es der PDS gelingen wird, „eine vernünftige und vertretbare Antwort zu finden“.

BÜNDNIS 90/GRÜNE

Die Grünen können sich trotz Bürgerbefragung nicht mit dem bisherigen Entwurf für den Landtags-Bebauungsplan anfreunden. Der Plan lasse dem Bauherren Land „zu große Spielräume“, so Fraktionschef Peter Schüler. Die eigenen Mitsprachemöglichkeiten hinsichtlich der Gestalt des neuen Landtages seien zu gering. Was gebaut wird, werde „in kleinen Zirkeln festgelegt“. Deshalb wollen die Bündnisgrünen im Bebauungsplan die alte Grundrisslinie des Stadtschlosses als Baulinie festlegen. Zu den Verhandlungen mit der PDS räumte Schüler ein: „Unsere Position spielt zunehmend keine Rolle“, es könne sein, „dass wir verloren haben“. Die Frage, ob die Fraktion „überreizt“ habe, habe man sich gestellt – und mit Nein beantwortet. Zu der von Argus e.V. in Auftrag gegeben Forsa-Umfrage zur Gestalt des Landtages sagte Schüler, bei deutlicher Präferenz der Potsdamer für die Schlossgestalt hoffe er auf ein Einsehen der Stadtverordneten. Doch seine Erwartungen seien nicht groß. Insbesondere die PDS werde ihre Position nicht mehr relativieren. Daher fürchte er, es laufe auf ein modernes Bauwerk hinaus.

BÜRGERBÜNDNIS/FDP

Differenzen über die Bewertung der Bürgerbefragung deuten sich bei der Fraktion Bürgerbündnis/FDP an. Ute Bankwitz (Bürgerbündnis) kündigte an, sie werde am 31. Januar zugunsten des neuen Landtages auf dem Schlossgrundstück abstimmen. Es laufe auf einen Kompromiss zwischen dem Schloss-Original und einem modernen Bürogebäude hinaus. Aber es wäre „ein Treppenwitz“, wenn die PDS als Nachfolgepartei der SED, die das Original abreißen lassen hat, nun allein darüber bestimme, „wie der neue Landtag aussieht“, so Bankwitz. Der Fraktionschefin zufolge werde die Fraktion, deren interne Abstimmung gestern noch ausstand, alle Anträge unterstützen, „die das Projekt positiv voranbringen“. Ihr Fraktionskollege Gerhard Arndt (FDP) dagegen würde derzeit dem Bau auf dem Schlossareal nicht zustimmen. Begründung: Die Bürgerbefragung spiegele die Stadtverordneten-Verhältnisse wider: 42,8 Prozent für das Landtagsschloss, 57,2 Prozent dagegen.

FAMILIENPARTEI

Dieter Gohlke und Brian Utting bilden die Fraktion der Familienpartei, die weiter für einen Landtag auf dem Schlossgrundstück stimmen will, wie Gohlke gestern sagte. Beide haben zwar auch andere Vorstellungen für die Nutzung des Areals, „doch wenn es denn so sein soll, tragen wir den Beschluss mit“, so Gohlke. Immerhin habe es bei der Bürgerbefragung eine relative Mehrheit für das Schlossareal gegeben. Bei den Verhandlungen mit der PDS „werden wir dabei sein“, so Gohlke. Er deutete weitgehende Kompromissbereitschaft an: „Mit uns ist eine Menge zu machen.“ Zur Frage der äußeren Gestalt seien Gohlke und Utting unterschiedlicher Ansicht, stellen aber ihr Abstimmungsverhalten nicht darauf ab. Gohlke: „Das Ob ist wichtig, das Wie ist keine Glaubensfrage.“

DIE ANDERE

Stadtverordnete Ute Grimm kündigte gestern einen Antrag ihrer Fraktion auf Durchführung einer „Stichwahl“ der beiden bei der Bürgerbefragung vorn liegenden Standorte Schlossareal und Speicherstadt an: „Wir tendieren dazu, so einen Antrag zu stellen.“ Eine erneute Bürgerbefragung müsse das vorliegende Ergebnis „spezifizieren“, da es keine absolute Mehrheit für einen Standort gebe. Wie Grimm ankündigte, werde sie bei der Abstimmung am 31. Januar nicht mehr Stadtverordnete sein, die Fraktion rotiere wieder. Neue Stadtverordnete der Fraktion Die Andere seien dann Irene Kirchner und Sven Brödnow. Eine andere Haltung als ein Nein zum Landtag auf dem Stadtschlossareal ist aber nicht zu erwarten.

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