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Sport: Olympia-Chance für sechs Leichtathleten

Axel Richter, Sportlicher Leiter beim SC Potsdam: Zwei Top-Acht-Platzierungen sind in Peking unser Ziel

Wie bewerten Sie als Sportlicher Leiter das Jahr 2007 für die Leichtathleten des SC Potsdam, Herr Richter?

Wir sind im vergangenen Jahr gut vorangekommen, konnten aber international die selbst gesteckten Ziele nicht erfüllen.

Warum nicht?

Weil ein Teil unserer Aktiven genau am Tag ihres internationalen Wettkampfhöhepunktes nicht die Leistungen abrufen konnte, die sie zuvor im Training gezeigt hatten. Das betrifft speziell die U23-Europameisterschaften in Debrecen. Bei den U18-Weltmeisterschaften in Ostrava will ich Abstriche machen. Die bereiten mir kein Kopfzerbrechen, weil sie für unsere Athleten der erste internationale Höhepunkt waren, bei dem sie noch Erfahrungen sammeln mussten. Nicht zufrieden sein konnten wir mit Platz 14 Melanie Seegers im Gehen bei den Weltmeisterschaften in Tokio; wir hatten sie weiter vorn erwartet. Dass sich Claudia Hoffmann nicht für Japan qualifizieren konnte, hatte auch mit dem insgesamt schwachen Abschneiden der deutschen 400-Meter-Läuferinnen zu tun. Antje Möldner verpasste das WM-Ticket ja ebenfalls, und Andreas Erm war die ganze Zeit verletzt.

National war der SC dagegen sehr erfolgreich. In der Rangliste des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, die auf allen Bestenlisten 2007 fußt, steht Ihr Verein erstmals auf Platz drei hinter dem TSV Bayer Leverkusen und dem TV Wattenscheid. Wie ist das gelungen?

Wir sind im Nachwuchs inzwischen besser aufgestellt und konnten beispielsweise im Wurfbereich einen deutlichen Aufschwung verzeichnen. Das hat in hohem Maße auch damit zu tun, dass seit Mitte 2006 mit Jürgen Schult der DLV-Disziplintrainer Diskus bei uns im Luftschiffhafen tätig ist. Er betreut hier beispielsweise Gordon Wolf, Paul Hohn und Thomas Müller. Das Regionalkonzept, das eine Konzentration auf ein Spitzenleistungszentrum in Potsdam vorsieht, trägt mittlerweile Früchte. Es zahlt sich aus, dass hoffnungsvolle Talente der Cottbuser Sportschule dort bis zur zehnten Klasse von vier Lehrertrainern betreut werden und dann hierher nach Potsdam wechseln, wenn sie denn wollen. So wie zuletzt Hochspringer Oliver Bräutigam. Hier stehen uns in jeder einzelnen Disziplingruppe sehr gute Trainer zur Verfügung.

Haben Potsdams Leichtathleten Nachwuchssorgen oder kontinuierlichen Zuwachs?

Dank unseres Sichtungssystems finden wir immer wieder Talente. Am 17. November letzten Jahres haben wir anlässlich des Tages der Offenen Tür der Sportschule Potsdam 110 Mädchen und Jungen aus sechsten Klassen unter die Lupe genommen. Mitte Dezember gab es eine Nachsichtung mit knapp 20 Talenten, und aus dem gesamten Pool haben wir jetzt 28 Kandidaten ausgewählt. Die werden in ein mehrtägiges Trainingslager ab 29. Januar in Kienbaum eingeladen, und anschließend legen wir die 18 Talente fest, die im August in die 7. Klasse der Sportschule eingeschult werden können. Da auch immer noch ein paar Quereinsteiger dazu kommen, haben wir pro Klassenstufe jährlich 24 Leichtathleten in der Sportschule.

Mit Sabine Zimmer, der letztjährigen Weltmeisterschafts-Achten im Gehen, hat Potsdams einzige A-Kader-Leichtathletin den Verein und die Stadt per Jahresende 2007 endgültig Richtung Wattenscheid verlassen. Wie sieht es derzeit mit den Kaderathleten des SC aus?

Wir haben beim SC Potsdam derzeit zehn B-, zehn C- und acht D/C-Kader. Das ist sehr ordentlich.

Welche jungen Athleten haben sich 2007 besonders gut entwickelt?

Christopher Linke beispielsweise, der bei den U20-Europameisterschaften in Hengelo Sechster im Zehn-Kilometer-Gehen wurde. Anne Marchewski hat sich über die 100 Meter Hürden im vergangenen Jahr um sechs Zehntelsekunden gesteigert und wurde Zweite und Dritte bei den Deutschen Jugend- und Juniorenmeisterschaften. Auch Speerwerferin Sarah Mayer, Stabhochspringerin Caroline Hasse und die Diskuswerfer Gordon Wolf und Thomas Müller haben sich kontinuierlich entwickelt.

Potsdam mausert sich mittlerweile zumindest im Nachwuchsbereich in ziemlich vielen Disziplinen, oder?

Wir haben uns da bestimmte Schwerpunkte gesetzt. Über 100 und 200 Meter und auf den Langlaufstrecken ist es international sehr schwierig, in den vorderen Bereich vorzustoßen. Das kann uns eher in technisch anspruchsvolleren Disziplinen gelingen, zu denen auch das Gehen gehört. Deshalb lohnt es sich, hier in talentierte Perspektivkader zu investieren, um 2012 bei den Olympischen Spielen dabei zu sein.

In welcher Potsdamer Disziplingruppe sehen Sie strukturell noch den größten Nachholbedarf?

Wenn die jetzigen Strukturen laut der neuen Konzeption – die ab Mitte 2009 greifen sollen – beibehalten werden, im Sprungbereich. Hier benötigen wir noch einen Trainer in Richtung Anschluss Hochleistungssport.

Der diesjährige sportliche Höhepunkt werden die Olympischen Spiele sein. 2000 in Sydney war kein Potsdamer am Start, 2004 in Athen waren es vier. Wie viele Leichtathleten des SC werden es 2008 in Peking sein?

Ich sehe die Chance für sechs unserer Aktiven – für Melanie Seeger, Andreas Erm und Claudia Hoffmann, aber auch für Annett Engel, Antje Möldner und Maik Berger. Wenn am Ende drei von ihnen in China dabei sein sollten, könnten wir meiner Meinung nach zufrieden sein.

Welche Saisonhöhepunkte warten auf den Nachwuchs des SC?

Die Junioren-Weltmeisterschaften der U20 vom 8. bis 13. Juli in Bydgoszcz. Zumindest Caroline Hasse, Sarah Mayer, Gordon Wolf und Oliver Bräutigam sollten sich dafür qualifizieren. Natürlich wollen wir dann erfolgreicher sein als bei den internationalen Höhepunkten des letzten Jahres.

Wann würde Axel Richter von einem guten Jahr 2008 der Potsdamer Leichtathletik sprechen?

Wenn es uns gelänge, bei den Olympischen Spielen zwei Platzierungen unter den ersten Acht zu erreichen, und wenn wir von den U20-WM eine Medaille mit nach Hause brächten.

Das Interview führte Michael Meyer

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