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HEYES Woche: Oscar-Geschichte und Babelsberg

Uwe-Karsten Heye über Filmspuren der Geschichte

Mit der Schlagzeile „Babelsberg ist Oscar“ feierten die PNN die Verleihung der heiß begehrten US-Trophäe für „Die Fälscher“. Das ist wirklich Grund zur Freude. Und nun scheint Babelsberg wieder anzuknüpfen an die große Zeit des deutschen Films. Babelsberg und UFA, das war fast ein Synonym für große deutsche Filmkunst. Das Studio brachte mit Emil Jannings den ersten deutschsprachigen Oscarpreisträger hervor. Das war 1927. Die Traumfabrik produzierte in Babelsberg, bevor ihre wichtigsten Macher und Stars nach Hollywood emigrieren mussten. Jetzt macht der deutsche Film wieder auf sich aufmerksam. In den letzten Jahren gab es eine Reihe deutscher Produktionen, die den goldenen Muskelmann Oscar mit nach Hause nehmen konnten. In diesem Jahr sind es „Die Fälscher“. Donnersmarcks „Das Leben der Anderen“ war es im zurückliegenden. „Nirgendwo in Afrika“ war ein voller Erfolg und „Sophie Scholl“ immerhin ein Beinahe-Erfolg. Immer geht es um die Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte, und es sind mit Ausnahme der Stasi-Geschichte „Das Leben der Anderen“ alles Stoffe, die an den Zivilisationsbruch der Nazi-Zeit erinnern. Der Babelsberger und Oscarpreisträger Volker Schlöndorff ist mit der „Blechtrommel“ schon fast ein Ahnherr dieser Reihe. Fairerweise müssen wir zugeben, dass der Schöpfer der „Fälscher“, Stefan Ruzowitzky, ein Österreicher ist. Der Film basiert auf den Erinnerungen Adolf Burgers, des tschechischen Überlebenden des Geldfälscher-Kommandos im KZ-Sachsenhausen, zu dem er mit 140 anderen jüdischen Häftlingen eingeteilt war. Drehort dieses erinnernden Films an eine Leidensgeschichte deutscher und europäischer Juden ist das originale Firmengelände an der Wetzlarer Straße des Rüstungsbetriebes „Orenstein & Koppel“, auch ein Ziel des Bombardements, das noch 1945 Potsdam zerstörte. Die Filmstadt Babelsberg arbeitet auf dem Fundament der alten UFA, die sich 1933 ohne jeden Widerstand seiner jüdischen Künstler entledigte. Der UFA-Konzern war auch Teil der großen Propaganda-Maschine der Nazis, deren Untaten ohne solch widerstandslose Einverleibung nicht denkbar gewesen wären. Die eigene Geschichte bleibt ja auch mit jeder Entschärfung eines weiteren Blindgängers in Potsdam in explosiver Nähe. Babelsberg ist Oscar, ja – auch das.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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