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Landeshauptstadt: Pioniere in Kleinkinderziehung

125 Jahre Oberlinkrippe: Erfahrung, die bis heute wirkt

Babelsberg - Mit dem Schnuller im Mund durchschreitet der zweijährige Dominik das Oberlinkirchenschiff, greift zu Gong und Schlegel und erzeugt einen Ton. „Gleich noch mal“, fordert ihn Peter Christian Fenner, der Vorsitzende des Vereins Oberlinhaus, auf. Der Junge verneint. Auch dies gehöre zur Entwicklung eines Kindes, das es lernt, Nein zu sagen, erklärte Fenner bei den gestrigen Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Oberlinkrippe.

Oberbürgermeister Jann Jakobs bezeichnete die Krippengründer als „Pioniere der Kleinkinderpädagogik, deren Wissen bis heute nachwirke. Jakobs erinnerte daran, dass in der Bundesrepublik noch bis in die 1970er Jahre diskutiert wurde, ob man Kinder unter drei Jahren überhaupt „institutionalisiert“ betreuen lassen könne, ohne dass sie Schaden nähmen, während in der DDR bereits positive Erfahrungen damit gemacht wurden. Bereinigt von ideologischer Prägungen wirkten sie noch bis heute. Wenn die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen jetzt als Fernziel anstrebe, 30 Prozent jedes Jahrgangs in Krippenbetreuung zu bringen, „klingt das in Potsdam fast antiquiert“, sagte Jakobs. In der brandenburgischen Landeshauptstadt nämlich ginge die Versorgungsquote mit Betreuungsplätzen schon seit Jahren über diese Vorgabe hinaus. Das ließe sich die Stadt auch einiges kosten: 30 Millionen Euro pro Jahr für Krippe, Kindergarten und Hort.

Auch in Kirchenkreisen sei das frühe Abgeben der Kinder in eine Einrichtung lange kritisch beäugt worden, sagte Ulrike Labuhn, Fachberaterin beim Landesverband evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder. Tatsächlich aber gebe es berufliche und persönliche Situationen, in denen Eltern Begleitung in der Erziehung brauchen. Und das nicht zum Schaden der Kinder, wie man am Beispiel Oberlinkrippe sehr gut sehen könne, so die Fachberaterin. „Hier bekommen die Kinder, was sie brauchen: einen geschützten und spirituellen Raum“, so Labuhn. Das sei auch der Grund, warum er und seine Frau sich für die evangelische Krippe entschieden hätten, sagte Elternvertreter Oliver Germer. Die Werteordnung, die dem Konzept der Oberlinkrippe, in der Kinder im Lebensalter von sechs Monaten bis drei Jahren betreut und gefördert werden, zu Grunde liege, heiße nämlich Nächstenliebe. „Gong“ macht es da. Der zweijährige Dominik hat dann doch noch ein zweites Mal auf die Pauke gehauen. NIK

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