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Aus dem GERICHTSSAAL: Postbote fühlte sich in seiner Ehre verletzt

Angeklagter: Sachkritik am Unternehmen geübt

Aus dem GERICHTSSAALAngeklagter: Sachkritik am Unternehmen geübt Das wegen Beleidigung angeklagte Paar wirkt seriös. Und glaubt man den Aussagen von Karin* (49) und Karl K.* (69), so existieren die Beschimpfungen, die sie jetzt vor die Schranken des Gerichts brachten, einzig und allein in der Phantasie des Postboten. „Diesen Wortschatz pflegen wir nicht“, beteuern beide übereinstimmend. Peter P.* (34) berichtet im Zeugenstand erregt, was ihm am 12. Februar 2004 zustieß. An jenem Vormittag habe er ein in Spanien unzustellbares Paket an die Adresse des Paares geliefert und – wie es die Konditionen seines Arbeitgebers vorsehen – zehn Euro dafür verlangt. Dies habe Karin K. aufgebracht. „Sie stürzte wie eine Furie auf mich zu und brüllte, ob ich noch ganz dicht in der Birne sei. Dann rief sie ihren Mann. Der erklärte mir gleich, ich sei dumm und könne mir die zehn Euro von sonst woher holen.“ Danach – so der Postzusteller – habe er gesagt, er werde die Sendung wieder mitnehmen. „Daraufhin riss mir Herr K. das Paket aus der Hand und verschwand. Durch dieses Verhalten habe er sich in seiner Ehre gekränkt gefühlt und Anzeige erstattet. Karin und Karl K. begreifen die ganze Aufregung nicht. „Die Post hat keine Leistung erbracht. Wieso soll ich dafür noch bezahlen?“, fragt die Frau. Dies habe sie dem Postmitarbeiter zu verstehen gegeben. „Damit er keinen Ärger mit seinem Vorgesetzten bekommt, habe ich ihm sogar vorgeschlagen zu unterschreiben, dass ich die Zahlung verweigere. Mein Ton war bestimmt, aber nicht beleidigend“, glaubt sie. „Es gab kein Geschrei am Gartentor, und niemand hat dem Mann bescheinigt, wie blöd er sei.“ „Es war keine gute Leistung der Post, das Paket nach acht Wochen als unzustellbar zurückzuschicken, und noch dazu mit beschädigtem Inhalt“, ergänzt Karl K. Aus seiner Sicht habe er lediglich eine Sachkritik an dem Unternehmen geübt, den Postboten jedoch nicht angegriffen. „Es kommt immer auf den Empfängerhorizont an“, gibt die Richterin zu bedenken. Dann wendet sie sich an den Briefträger. Noch habe er die Möglichkeit, seine Anzeige zurückzunehmen. Dazu ist Peter P. nicht bereit. „Die in Spanien haben gepennt, und ich kriege als Buhmann alles ab“, grollt er. Das Gericht stellt das Verfahren auf Kosten der Landeskasse ein. (*Namen geändert.) Hoga

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