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Landeshauptstadt: Potsdam ist die Knöllchenhauptstadt

Mehr als zwei Millionen Euro hat das Ordnungsamt im vergangenen Jahr eingespielt – so viel wie in keiner anderen Stadt des Landes

Raser, Falschparker und Autofahrer mit Handy am Ohr haben im vergangenen Jahr wieder Millionensummen in Kassen von märkischen Städten und dem Land gespült. Allein rund 47 Millionen Euro kassierte Brandenburgs Polizei von Verkehrssündern, zumeist wegen zu schnellen Fahrens, wie das Innenministerium in einer Umfrage der Deutschen Presseagentur angab. Brandenburgs Knöllchenhauptstadt ist Potsdam: 2,25 Millionen Euro nahmen die Ordnungshüter hier ein. Sowohl Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) als auch der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher, verwahrten sich allerdings gegen laut werdende Kritik, die Autofahrer würden „abgezockt“.

„Verkehrskontrollen sind weder Abzocke noch Wegelagerei. Wer sie so in Verruf bringt, der diskreditiert eines der wirksamsten Instrumente zur Verbesserung der Verkehrssicherheit“, betonte Schönbohm. Und Böttcher stellte klar: „Riesige Gewinne machen die Kommunen damit nicht.“ Manchmal werde allerdings an Orten geblitzt, wo keine Verkehrsgefährdung erkennbar sei. So etwa in der Nedlitzer Straße in Potsdam: „Keine Häuser, nur Wald, breiter Gehweg und trotzdem Tempolimit von 50 Stundenkilometern – wenn dort die Polizei blitzt, kann schon der Verdacht des Abkassierens aufkommen.“

Allein das Ordnungsamt der Stadt Potsdam nimmt jedes Jahr weit über eine Million Euro ein. „Wir sind keine Raubritter“, sagte Potsdams Ordnungsamtsleiterin Marina Kluge kürzlich in einem PNN-Interview. 25 Inspektoren des Amtes stehen in Potsdam für den Außendienst bereit, um beispielsweise Falschparker zu disziplinieren. Die 54-Jährige sagte, das Ordnungsamt habe eigentlich präventive Aufgaben. Die etwa 1,5 Millionen Euro aus Strafzetteln jährlich seien nur ein „positiver Nebeneffekt“. Vor allem in der Innenstadt werde permanent gegen die Parkordnung verstoßen, obwohl in den Parkhäusern viele freie Plätze seien, so Kluge. Es gebe nichtmal eine Hitliste der City- Straßen, in denen die meisten Verstöße geahndet werden. Es sei einfach überall.

Vor allem Raser werden zur Kasse gebeten: In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres ahndete die Polizei landesweit rund 1,1 Millionen Verstöße gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen, etwa 58 300 Mal ertappten Beamte nicht angeschnallte Fahrer, 23 600 Mal musste für das Missachten der Vorfahrt bezahlt werden. Zudem erwischte die Polizei rund 15 600 Autofahrer beim Telefonieren am Steuer. Und wie sah es in den Städten aus? Konkretete Zahlen aus Potsdam liegen noch nicht vor. Im Haushalt wird jährlich mehr als eine Million Euro an Einnahmen geplant, bislang ging die Rechnung auf. Marine Kluge sagte, dass sie sich dennoch wünsche, dass sich alle Fahrer ordentlich verhalten und die Stadt diese Einnahmen nicht mehr hätte. Das würde Potsdam lebenswerter machen.

Genau Zahlen gibt es dagegen aus Brandenburg/Havel: Im vergangenen Jahr wurden Raser 33 709 mal zur Kasse gebeten, wie Stadtsprecher Norbert Plaul berichtete. „Der Hauptanteil sind Verwarnungen, also bis zu einer Summe von 35 Euro.“ 2007 waren noch fast 48 000 Tempoverstöße geahndet worden – ein deutlicher Rückgang. Außerdem bekamen im vergangenen Jahr rund 38 150 Falschparker in der Havelstadt Knöllchen. Cottbus verteilte im Jahr 2007 Bußgeldbescheide im Gesamtumfang von mehr als 735 000 Euro. „Das sind unerwünschte Einnahmen“, betonte ein Sprecher. Aus Eberswalde hieß es, die Kommune habe im Jahr 2007 rund 268 000 Euro von Falschparkern sowie etwa 274 000 Euro von Rasern oder Handy-Telefonierern am Steuer eingenommen.

Derweil rechnet das Innenministerium nicht unbedingt damit, dass die Einnahmen von Verkehrssündern in diesem Jahr durch die geplante, zum Teil drastische Verschärfung der Bußgelder steigen. Vielmehr hoffte ein Sprecher, dass die Autofahrer so abgeschreckt sind, dass eher weniger Knöllchen fällig werden.

Imke Hendrich (dpa)/Jan Brunzlow

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