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Aus dem GERICHTSSAAL: Radlerin nach epileptischem Anfall des Autofahrers getötet?

Gericht ordnete Hausdurchsuchung beim Angeklagten an, um eventuelle Beweismittel sicherzustellen

Zur Mittagszeit des 13. Januar 2008 wurde Gisela G.* (69) in der Großbeerenstraße auf ihrem Rad von einem Transporter überrollt. Die Rentnerin verstarb wenig später im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich davon aus, der Transporterfahrer sei durch das Essen eines Brötchens abgelenkt gewesen, in Höhe des Bahnübergangs in einer leichten Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und gegen die auf dem Radweg fahrende Frau geprallt.

Gestern musste sich der Unglücks-Fahrer Dirk D.* (40) wegen fahrlässiger Tötung vor dem Schöffengericht verantworten. „Mein Mandant wird sich zum Tathergang nicht äußern“, stellte Verteidiger Alexander Kleinert zu Prozessbeginn klar. Die Aussagen zahlreicher Zeugen zeichneten allerdings das Bild eines krankheitsbedingten Fahrfehlers des Angeklagten. „Ich sah im Rückspiegel, wie der Fahrer in Richtung des Beifahrersitzes kippte. Der Wagen zog nach links rüber, obwohl er sich auf der Rechtsabbiegespur befand. Dann kam es zur Kollision mit der Radfahrerin“, berichtete Manuel M.* (27). „Die Frau wurde auf die Motorhaube des Transporters geschleudert. Von dort rutschte sie unter das Auto.“ „Der Fahrer saß nach dem Unfall in seinem Wagen und zitterte. Mein Kumpel hatte mal so etwas ähnliches wie einen epileptischem Anfall. So sah das bei dem Mann auch aus. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber er reagierte überhaupt nicht“, erinnerte sich Frank F.*(38) vor Gericht. Ein anderer Augenzeuge erzählte: „Der Fahrer machte total unkontrollierte Bewegungen.“ Lars L.* (22), als nächster in den Zeugenstand gerufen, ergänzte. „Er saß zusammengekrümmt in seinem Sitz. Es sah aus, als ob er sich erbrochen hätte. Irgendwann reagierte er dann ganz verschwommen und stieg aus.“ „Der Mann wirkte geschockt. Seine Jacke war mit Essensresten verschmutzt. Im Fußraum des Wagens befand sich ein frisches Sandwich“, sagte eine zum Unfallort gerufene Polizeibeamtin aus. „Ich habe keine Zweifel, dass der Angeklagte zum fraglichen Zeitpunkt einen großen epileptischen Anfall erlitt“, fasste Professor Walter Christe (57), Chefarzt der Klinik für Neurologie im Bergmann-Klinikum, die Beobachtungen der Zeugen zusammen. Doch Dirk D. schwieg weiter.

Das Gericht unterbrach die Verhandlung bis zum 9. Februar und beschloss die sofortige Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten auf Hinweise – Arztrechnungen, Medikamente oder Bestellzettel – nach einer aktuellen Epilepsie-Erkrankung. Denn dann dürfte er nicht ans Steuer. (*Namen geändert.) Hoga

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