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Sport: Reservist mit Torgarantie

Hendryk Lau will sich wieder in den Stamm kämpfen und neunzig Minuten spielen

Hendryk Lau will sich wieder in den Stamm kämpfen und neunzig Minuten spielen Sechs Uhr aufstehen, mit den Kindern frühstücken, die Tochter zur Schule bringen, von neun bis 17 Uhr arbeiten und danach zum Fußballtraining. Routine für wahrscheinlich einige tausend Hobbykicker in Deutschland. Seit September lebt auch Hendryk Lau nach den Gesetzen des Amateurfußballs, nachdem der 32-Jährige jahrelang aus der Regionalliga seinen Unterhalt bestritt: da hieß es zweimal täglich Training und am Wochenende neunzig Minuten Fußball spielen. Es war eine sehr schöne Zeit, blickt der Stürmer des SV Babelsberg 03 zurück, ohne in ein Erinnerungstrauma an die guten alten Zeiten zu verfallen. Auch wenn einiges besser war, wie er sagt, und nun manchmal den fälligen Tritt in den Allerwertesten braucht, um sich nach der Arbeit noch voll ins Trainingsgeschehen zu stürzen. Denn vieles hat sich verändert, inzwischen verdient er sich seinen Lebensunterhalt in einem Autohaus und ein Wochenende mit neunzig Minuten aktivem Fußball liegt auch längere Zeit zurück. Der Star im Sturm, der sich noch immer gerne die Spielertrikots nach einem Tor auszieht, dabei die mit seinen Kindern bedruckten weißen Unterhemden zeigt und obendrein noch eine gelbe Karte gezeigt bekommt, muss in dieser Saison mit der Reservistenrolle leben. Verständnis bringt er dafür auf, auch wenn es ihn nicht zufrieden stellen kann. Lau rechnet damit, ebenso am morgigen Samstag (13.30 Karl-Liebknecht-Stadion) gegen Motor Eberswalde nur eingewechselt zu werden. Das Duo Enrico Röver / Kostas Pantios ist erfolgreich, „da würde ich auch nicht einen anderen aufstellen“, sagt der gebürtige Berliner mit der Trainer-B-Lizenz. Er schöpft seine Hoffnung auf mehr Einsatzzeit aus dem Training und den Worten von Trainer Peter Ränke, der zu ihm sagt: „Henne, du bist dicht dran“. Das motiviert den früheren Stürmerkollegen von Marco Küntzel (Bielefeld), der nach zwei Jahren in Dresden vor gut einem Jahr wieder zurück nach Babelsberg wechselte. Und zufrieden zu sein scheint: die Mannschaft sei Klasse, die Charaktere aufeinander abgestimmt. „Es bricht keiner aus, wir sind ein verschworener Haufen und halten alle zusammen“, versucht Lau das Phänomen des Erfolges der Mannschaft zu erklären, die am Anfang der Saison während des Insolvenzverfahrens aus der Not heraus zusammen gestellt wurde und mit einer Serie von zwölf Siegen in Folge in der Liga beinahe den eigenen Uraltrekord gebrochen hat. Und trotz der Niederlage am vergangenen Wochenende, die bei Nulldrei in der Bedeutung klein gehalten wird, weiterhin an der Tabellenspitze der NOFV-Oberliga Staffel Nord steht. Etwas ähnliches hat auch Routinier Lau noch nicht miterlebt. Für ihn kommt es dabei nicht darauf an, wer am jeweiligen Wochenende der Gegner ist. die Vorbereitung gilt für alle, egal ob in der Tabelle hinten stehend oder im vorderen Bereich. Mit Eberswalde, die ihren einzigen Sieg aus 18 Punktspielen gegen Babelsberg überhaupt beim 3:0 am 3. April 1977 in der DDR-Liga Staffel B erzielten, kommt der Tabellenfünfzehnte ins Babelsberger Rund. Die Einstellung zum Gegner, egal welcher, bezeichnet der einen Meter und 82 Zentimeter große Angreifer auch als eine Art Erfolgsrezept – keiner wird unterschätzt. Erwartungen an einen neuen Torerekord im Spiel gegen die schwächste Abwehr der Liga – bisher 52 Gegentore in 17 Spielen – schraubt er dennoch zurück. Zweimal spielten sich die Babelsberger in dieser Saison bereits in einen Rausch, beim 9:1 gegen den Berliner AK und beim 7:1 gegen Lichtenberg 47. Gegen Eberswalde zählt für Lau nur die Devise, ein Tor mehr zu schießen, als der Gegner. Wer für den SVB trifft, sei ihm egal, gerne würde er es sein. Der erste Schritt vom Amateurfußballer unter Profibedingungen in der Regionalliga in den Arbeitsalltag hinein hat der Familienvater hinter sich, wann ein weiterer Schritt folgt, darüber macht er sich noch keine Gedanken. Auch nicht darüber, was bei einem eventuellen Aufstieg der Babelsberger passiert. Jetzt komme ersteinmal die Winterpause und der Weihnachtsmann. Bis dahin will er sich mit der Mannschaft noch neun Punkte und den Einzug ins Landespokal-Achtelfinale beschert haben. Eines weiß er aber ganz bestimmt: wenn er die angestrebte A-Lizenz einmal haben sollte, will er nicht Cheftrainer im Männerbereich werden. Das sei zu stressig. Jan Brunzlow

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