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Aus dem GERICHTSSAAL: Reuiger Filius

Wüterich muss die Wohnung seiner Eltern malern

Das Verhältnis zwischen Vätern und Söhnen ist manchmal gespannt. Im Fall von Andreas A.* (55) und seinem Filius Alexander (24) gab es in der Vergangenheit oft so richtig Stress. Ein Grund mag die Krankheit des Vaters sein, wegen der er unter Betreuung steht, ein anderer eine offensichtliche Phobie Alexanders. Seit er aus der Haft entlassen wurde, dreht er laut eigener Aussage bei den kleinsten Anlässen durch. Jetzt bekommt er Medikamente gegen seine Aggression. Damit geht es ihm gut.

Am 4. April dieses Jahres gerieten Vater und Sohn in der gemeinsamen Wohnung wegen der Freundin von Alexander aneinander. Der Ältere bezeichnete das Mädchen als „Knalltüte“, verbat sich weitere Besuche. Alexander rastete aus, verpasste seinem Vater zuerst einen Faustschlag ins Gesicht, zertrümmerte anschließend wutentbrannt die Scheiben von Wohnzimmer- und Küchentür. Dann zog er vorübergehend zu der jungen Dame.

Jetzt sitzt der Malerlehrling wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Verlegen grinsend erklärt er, wie Leid ihm die Sache tue. Eigentlich – so Alexander A. – halte er viel von seinem Vater. „Er hat mich oft im Gefängnis besucht.“ Als Zeichen seiner Reue bot er den Eltern an, die Wohnung zu renovieren. Schlafzimmer und Flur seien bereits fertig. „Sie sind nicht mehr die Jüngsten. Außerdem haben sie zwei linke Hände“, schiebt er nach.

„Im Dezember 2004 wurde Alexander aus der Haft entlassen. Seitdem wohnt er bei uns. Alles ging gut, bis diese Knalltüte auftauchte“, kann sich Andreas A. auch im Zeugenstand nicht beherrschen. Prompt wird er von der Vorsitzenden zur Ordnung gerufen. Die kaputten Scheiben habe der Sohn zwar nicht ersetzt, dafür inzwischen begonnen, den Malerpinsel zu schwingen, bestätigt der Vater.

Der Bewährungshelfer des bereits wegen zahlreicher Diebstähle, Nötigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie Beihilfe zum Raub Vorbestraften zeichnet das Bild eines labilen jungen Mannes, der die 10. Klasse mit der Note „gut“ beendete. Seit Beginn seiner Ausbildung zum Maler und Lackierer reiße sich Alexander A. mächtig am Riemen. Die Arbeit mache ihm Spaß. Und er bezöge jetzt eine eigene Wohnung. Sein Vorschlag: Der Angeklagte solle nicht verurteilt, sondern verpflichtet werden, die elterliche Wohnung samt des Zimmers seiner Schwester komplett malermäßig instandzusetzen. Das Gericht ist mit einer derartigen Form der Schadenswiedergutmachung einverstanden – Alexander und seine Eltern auch. Drei Monate hat er dafür Zeit. Verstößt er gegen diesen Beschluss, gibt es eine neue Verhandlung. (*Namen geändert.) Hoga

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