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Landeshauptstadt: Rollator statt Moped

Potsdam bereitet sich auf den Boom der Alten vor: 2020 gibt es doppelt so viel Senioren wie Jugendliche

In Potsdam wird es künftig immer weniger junge Menschen geben, dafür aber immer mehr alte. So sieht zumindest die neueste Bevölkerungs-Prognose für 2020 aus, die Verwaltungsstatistiker im Auftrag der Stadtverordneten erstellt haben. Auf der jüngsten Sozialausschusssitzung hat Sozialbeigeordnete Elona Müller sie ihnen vorgestellt. Ausgerechnet haben die Demografen, dass in 13 Jahren nur noch 16 780 18- bis 27-Jährige in der Landeshauptstadt leben werden – 3530 junge Menschen weniger als 2005. Die Zahl der Über-65-Jährigen steigt dagegen um 6650. Im Jahr 2020 werden 33 510 Potsdamer Rentner sein, rund ein Viertel mehr als heute. Der Anteil derer, die 85 Jahre und älter sind, wird sich laut Statistik sogar verdoppeln.

Im Durchschnitt wird der Landeshauptstädter dann 42,6 Jahre alt sein – im Vergleich zu 2005 mehr als ein Jahr älter. Zwar wurden in den vergangenen drei Jahren in Potsdam mehr Menschen geboren als gestorben sind. Doch aufzuhalten wird der Alterungsprozess vorerst nicht sein, denn der so genannte Geburtenüberschuss habe seine Ursache vor allem darin, dass die Sterblichkeit immer niedriger werde: Die Potsdamer leben einfach länger. Eine Frau, die heute 60 Jahre alt ist, hat statistisch noch 22,5 Jahre vor sich, ein Mann noch 16,1 Jahre. Die Geburtenrate dagegen ist weiterhin zu gering. Die Potsdamer Durchschnittsfamilie hat nur 1,3 Kinder. Das reicht gerade einmal dafür, dass die Bevölkerung zu zwei Dritteln nachwächst.

Trotzdem wird die Bevölkerungszahl bis 2020 von derzeit rund 148 000 auf rund 164 400 Einwohner steigen. Potsdam gehört zu den wenigen wachsenden Kommunen im Land und in der Bundesrepublik – den ständig zuwandernden Neu-Potsdamern sei dank. Dies würde den Alterungsprozess abmildern, heißt es in der Prognose. Für die künftigen Zuzügler würde Potsdam allerdings zwischen 7000 und 12 000 zusätzliche Wohnungen benötigen. Im Stadtgebiet gibt es derzeit genug Platz für 10 000 neue Wohnungen. Allerdings fehlen schon jetzt Ein- und Zwei-Raum-Wohnungen zu niedrigen Mieten. Ein Problem für das Bevölkerungswachstum, denn unter diesen Umständen würden junge Auszubildende und Studenten nicht nach Potsdam sondern nach Berlin ziehen, meinen die Demografen. Mit der Möglichkeit, günstig zu bauen wie etwa am Bornstedter Feld, ziehe Potsdam dagegen schon jetzt junge Familien an, sagte Müller. Zumal die Stadt bei der Kinderbetreuung bundesweit eine Spitzenstellung einnehme. Dieser Trend müsse ausgebaut werden, auch beim Schul-, Sport- und Kulturangebot.

„Aber wir müssen auch die Älteren im Auge behalten“, sagte Müller. Bislang würden bis zu 80 Prozent der Senioren in der Familie versorgt. Die Statistiker gehen jedoch davon aus, dass sich dies ändert: Angesichts des Trends zu kleineren Haushalten mit wenig oder gar keinen Kindern und der hohen Scheidungsrate würden immer mehr Menschen in Potsdam allein alt werden. Aus diesem Grund müssten die ambulanten Pflegedienste gestärkt werden, so Müller. Zudem benötigten betagte Menschen eine auf sie zugeschnittene Versorgungsstruktur: den Supermarkt und den Arzt um die Ecke und zwar auch mit Stock oder Rollator gut zu erreichen. Potsdam sei „ganz gut aufgestellt“, findet Müller. Bereits 2006 hat sich das Netzwerk „Älterwerden in Potsdam“ gegründet, in dem Vereine, Wohnungsgesellschaften, Altenheime und ambulante Pflegedienste zusammenarbeiten.

Juliane Wedemeyer

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