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Landeshauptstadt: Sanssouci zu vermieten

Künftig Stehempfang bei Marquis d“ Argens / In Glienicke darf sogar getanzt werden / Fast 20 Locations buchbar

Wer Familie oder Freunde nobel bewirten möchte, lädt bis zu 180 Gäste ins Neue Palais ein. Dort kann er die vier Räume der Wohnung anmieten, die Friedrichs der Große seinem französischen Freund Marquis d“Argens zur Verfügung stellte. Allerdings muss er dafür ab 1000 Euro über den Tisch reichen. Zu DDR-Zeiten war dieser Spaß wesentlich billiger, denn da betrieb die HO-Gaststättenorganisation in der Marquiswohnung ein Café.

Fast 20 Möglichkeiten, historische Schlossräume oder Parkbereiche anzumieten, nennen die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ins Internet gestellten Angebote. Wie Marketingchef Dr. Tilmann von Stockhausen den PNN erläuterte, folgt das Verzeichnis einer vom Stiftungsrat verabschiedeten Vermietungsrichtlinie. Auch auf diesem Weg versucht die Stiftung, ihre Eigeneinnahmen zu erhöhen, um zusätzliche Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen zu finanzieren.

An den historischen Orten können Theateraufführungen, Konzerte, Vorträge, Lesungen und Empfänge veranstaltet werden, aber nicht überall und von jedem.Wer auf der Mopke, dem nach dem niederländischen Wort für hochgestelltes Ziegelpflaster benannten Platz zwischen Neuem Palais und Communs eine Großveranstaltung für rund 1000 Personen plant, muss nicht nur ab 2000 Euro Miete zahlen, sondern außerdem strenge Auflagen beachten, so das empfindliche Pflaster stellenweise durch Holzüberbauten schützen. Nach Konsultation der Denkmalpfleger werden manche Anträge auch abgelehnt. So bemühte sich eine Neustrelitzer Theatertruppe vergeblich darum, hier ihre Operette über die Königin Luise aufzuführen. Offensichtlich nicht ganz so rigorose Auflagen gelten für die Terrasse vor der Sanssouci-Orangerie, die mit 880 Euro etwas preiswerter vermietet wird. Das Angebot stellt sogar eine Erlaubnis für „lautsprecherverstärkte“ Aufführungen in Aussicht. Ein strenges Regiment herrscht dagegen für den Palmensaal der Orangerie Neuer Garten und den Konzertsaal im Marmorpalais, die ausschließlich für Kultur- und Protokolltermine freigegeben werden.

Schon länger für Veranstaltungen genutzt wird Schloss Lindstedt. Mit 1600 Euro für die drei Räume kommt das ebenfalls nicht billig, bei Mitnutzung des Gartens werden 250 Euro aufgeschlagen. Da freut es beispielsweise die Urania für ihre „Lindstedter Gespräche“ über Preußen, dass „kulturellen Einrichtungen mit staatlicher Förderung“ Sonderkonditionen eingeräumt werden. Private oder Unternehmensfeiern gehören dazu natürlich nicht, für sie ist Glienicke die richtige Adresse. Wie wäre es mit einem Festessen für maximal 14 Personen im Schinkelschen Casino (Miete 2000 Euro) oder einer großen Tafel für 120 Gäste im Kavalierflügel? Dort darf sogar getanzt werden.

All diese Möglichkeiten will die Stiftung Reiseveranstaltern, Hotels und anderen touristischen Partnern durch die Internetveröffentlichung in übersichtlicher Form näher bringen. Die Vermietung, zuvor von der Generaldirektion wahrgenommen, läuft nun über den Veranstaltungs- und Ausstellungsservice der Marketingabteilung. Vorerst soll es bei den bisherigen Angeboten bleiben, über eine Erweiterung wird laut Stiftungs-Generaldirektor Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh jedoch nachgedacht. Darüber müsste allerdings der Stiftungsrat beschließen.

Wie weit die Möglichkeiten ausgedehnt werden, die in jedem Fall eine höhere Belastung der Weltkulturerbe-Bauten und -Gärten bedeuten, bleibt abzuwarten. Schloss Babelsberg, wo die Stiftung im Souterrain mit Restaurant, Vortragssaal, Shops und ähnliches groß einsteigen wollte, kommt nach dem Steckenbleiben der Sanierung vorerst nicht in Frage. Und wie steht es um das „Allerheiligste“, also Schloss Sanssouci? Vor zwei Jahren konnte hier ein Veranstalter den Marmorsaal für einen Vortrag anmieten. Ab da hatten wohl die Denkmalpfleger geschlafen.Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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