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Wahlhelfer. Der frühere Potsdamer Oberbürgermeister und jetzige Ministerpräsident Matthias Platzeck stand am vergangenen Sonntag nicht zur Wahl, agierte aber bei seiner Stimmabgabe als Wahlhelfer, indem er einer Frau den Wahlzettel erklärte. Platzeck hatte vor zehn Jahren im Wahlkreis von Jann Jakobs 52 Prozent der Stimmen geholt und die Linke deutlich distanziert.

© Bernd Settnik

Landeshauptstadt: Schubert: Wir sind auf Augenhöhe

Nach Absturz vor fünf Jahren zieht SPD positive Wahlbilanz / Scharfenberg: Zugewinn war zu erwarten

Die SPD hat ihren Umbruch in den vergangenen zwei Jahren nicht bereut: Ein neuer Potsdam-Chef, neue Kandidaten für die Kommunalwahl und ein Streit innerhalb der Fraktion – „der Wechsel in der Führung ist sehr erfolgreich verlaufen“, sagte Jann Jakobs gestern. Die SPD hat einen Tag länger gebraucht, um die Ergebnisse der Kommunalwahl zu bilanzieren. Dass das Resümee positiv ausfällt, daran haben sie schon seit Sonntagabend 19 Uhr keinen Zweifel gelassen. Denn sie haben zugelegt bei den Stimmen, und zwar kräftig.

Das sei doch zu erwarten gewesen, sagt selbst Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg zum Ergebnis der SPD. „Die hatten bei der letzten Wahl ja auch ein jämmerliches Ergebnis“. Daher habe er damit gerechnet, dass sie diesmal wieder mehr Stimmen bekommen. Die Frage war: Wie viel mehr? Jetzt steht es fest. Zu wenig um die Linke zu überholen. „Das müssen wir zugeben, dieses Wahlziel haben wir nicht erreicht“, sagte SPD-Chef Mike Schubert gestern und präsentierte eine Liste, mit der er einen Abwärtstrend der Linken darstellte. Die 31,0 Prozent vom Sonntag seien das zweitschlechteste Ergebnis der Linken seit 1990. Fürwahr. Und seine eigene Partei? Es ist ein Aufwärtstrend, allerdings war das Resultat von 27,1 Prozent auch für sie das zweitschwächste Ergebnis der letzten 18 Jahre. In keinem der fünf Wahlkreise haben die Sozialdemokraten die 30-Prozent-Marke knacken können – anders die Linken, die seit 1993 immer mehr als 30 Prozent hatten.

Schubert sieht sich nach dem harten Absturz vor fünf Jahren, als die SPD nur noch 22,8 Prozent der Stimmen bekam, dennoch wieder auf Augenhöhe mit den Linken. Die werden 17 Sitze in der neuen, 56-köpfigen Stadtverordnetenversammlung haben, die SPD 15, mit Oberbürgermeister Jakobs 16. Und gemeinsam mit den Grünen und der CDU, die ehemalige „Schlosskoalition“, sowie der FDP sind es 31 – die absolute Mehrheit.

Tatsächlich hat die SPD bei dieser Wahl vier Sitze im Rathaus hinzubekommen, „gefühlt sind es sechs“, sagt Jakobs. Monatelang hat seine eigene Fraktion interne Streitigkeiten mit Monika Keilholz und Wolfhard Kirsch ausgetragen. Selbst ein Fraktions- und Parteiausschlussverfahren wurde wegen des Streites um den Uferweg am Griebnitzsee gegen Uferwegbewohner Kirsch angestrengt. Letztlich haben sich beide eine neue politische Heimat gesucht. „Es war richtig, sich von beiden zu trennen“, sagte Jakobs rückblickend. Die Wähler hätten das honoriert.

Jakobs selbst ist bei der Wahl angetreten, um Stimmen für die SPD zu ziehen und hat das beste Ergebnis seiner Partei geholt. Zwei Drittel aller SPD-Stimmen in seinem Wahlkreis hat Jakobs bekommen. Damit sei er zufrieden. Sein politischer Dauerrivale Hans-Jürgen Scharfenberg, der die meisten Stimmen aller Potsdamer Kandidaten bekommen hat, stichelt dennoch gegen Jakobs und forderte gestern erneut dessen Rücktritt. Jakobs habe eine Bestätigung für seine Politik haben wollen, die habe er nicht bekommen. Daher müsse er zurücktreten. Jakobs schloss das gestern weiterhin aus.

Dagegen verschärft sich der Ton zwischen beiden Parteispitzen. Eine Zusammenarbeit wie zwischen den Potsdamer Vorsitzenden beider Parteien, Schubert und Pete Heuer, wird es wohl so schnell nicht geben. Beide überraschten vor zwei Jahren mit einem Strategiepapier, welches zumindest bei den Linken nicht abgestimmt war. Für eine engere Zusammenarbeit stehe die SPD grundsätzlich bereit, aber nicht mit Scharfenberg. „Wenn man miteinander reden will, muss man das auch wirklich wollen“, sagte Schubert. Lange Zeit hat Scharfenberg den 35-jährigen Schubert wenig ernst genommen, in der letzten Legislatur war es zwischen beiden sogar zu einer kurzen Schubserei gekommen. Dinge, die nicht vergessen sind. „Keiner gehört an den Katzentisch“, sollte es Gespräche mit den Linken geben, sagte Schubert. Dabei hat der frühere Potsdamer SPD-Chef Rainer Speer einmal öffentlich gesagt, beide Parteien würden zu 95 Prozent die gleichen Ziele verfolgen. Die Zeit für rot-rot in Potsdam scheint dennoch nicht gekommen. Jan Brunzlow

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