zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Schwarz gefischt?

19-Jähriger bestreitet, der Angler gewesen zu sein / Freispruch

Aus dem GERICHTSSAAL19-Jähriger bestreitet, der Angler gewesen zu sein / Freispruch Von Gabriele Hohenstein Günther W. (66), ehrenamtlich berufener Fischereiaufseher, ist sich im Zeugenstand zunächst ganz sicher: „Der junge Mann auf der Anklagebank ist der Schwarzangler. Vielleicht war er inzwischen beim Friseur. Aber ich erkenne ihn wieder.“ Matthias N. (19) schüttelt den Kopf. „Ich war damals im Abi-Stress. Da hatte ich überhaupt keine Zeit, angeln zu gehen.“ Der Potsdamer fühlt sich zu Unrecht der Fischwilderei beschuldigt und legte Einspruch gegen den Strafbefehl über 100 Euro ein. Laut Staatsanwaltschaft soll der zurzeit bei der Spargel-Ernte Helfende am Nachmittag des 22. November 2003 am Golmer Stichkanal ohne gültige Papiere beim Angeln ertappt worden sein. „Ich vermute mal, jemand hat missbräuchlich meine Personalien angegeben“, so Matthias N. „Um meinem Opa einen Gefallen zu tun, war ich zwar mal im Anglerverein. Aber da bin ich schon vor Jahren ausgetreten.“ „Der Jugendliche hatte eine Spinnangel ausgeworfen, aber noch keine Fische gefangen“, erinnert sich der als Zeuge geladene Aufseher. Als er ihn kontrollieren wollte, konnte er weder Personalpapiere noch Angelkarte oder Fischereischein vorweisen. „Aber er nannte mir seinen Namen. Ich bin natürlich davon ausgegangen, dass der auch stimmt.“ Es läge ihm fern, einen Unschuldigen zu belasten, beteuert der Zeuge. „Es ist nur normal, wenn Ihre Erinnerung inzwischen verblasst ist“, schaltet sich der Staatsanwalt vermittelnd ein. „Falls Sie auch nur den geringsten Zweifel an der Wiedererkennung des Angeklagten hegen, sollten Sie das jetzt sagen. Es wäre schließlich nicht der erste Fall, wo Klassenkameraden einen anderen zu Unrecht bezichtigen, um ihm eins auszuwischen.“ Der Fischereiaufseher bleibt zunächst bei seiner Meinung, dann lenkt er doch ein. „Ich kann diese Person nicht 100-prozentig wiedererkennen. Beim nächsten Mal werde ich einen Fotoapparat mitnehmen, um die Identität festzustellen“, grollt er. „Oder Sie rufen die Polizei. Das wäre übrigens der einfachste und richtigste Weg gewesen“, stellt die Jugendrichterin klar. Zwar spräche vieles für die Täterschaft des Angeklagten. Doch sei ihm die Schwarzangelei nicht zweifelsfrei nachzuweisen. In einem solchen Fall gehe es nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“: Freispruch für Mattias N.

Gabriele Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false