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Aus dem GERICHTSSAAL: Sechsjährigen geschlagen?

Partner, Mutter und Kinder seit längerer Zeit vom Jugendamt betreut

„Wenn Sie heute lügen, landen Sie ganz schnell selbst auf der Anklagebank“, warnt der Staatsanwalt die Zeugin. Sandy S.* (25) versichert, die Wahrheit zu sagen, auch wenn Beobachter des Geschehens etwas Anderes bekundeten. Nico N.* (27) ist angeklagt, Leon*, dem Sohn seiner Lebensgefährtin Sandy S., am 4. November 2008 im Auto einen Schlag verpasst, den weinenden Sechsjährigen aus dem Fahrzeug gesetzt, ihn anschließend erneut misshandelt zu haben. Nico N. bestreitet den Vorwurf.

„Leon ist ein schwieriges Kind“, räumt Sandy S. ein. „Er ist oft bockig. Dann kann man überhaupt nicht mit ihm reden.“ Was an besagtem Novembertag passiert ist, wisse sie allerdings nicht genau. „Ich war im Zooladen. Leon, meine jüngere Tochter Lara* und mein Partner wollten im Auto warten. Als ich zurückkam, stand Leon weinend davor. Er sagte, er dürfe nicht zurück.“ Sie sei mit dem Kind eingestiegen. Ihr Partner habe Leon angeschnallt. „Er hat ihn nicht gehauen“, versichert Sandy S. Ein Ehepaar, das zufällig in der Nähe war, beobachtete „schlagende Bewegungen“ des Mannes am Steuer. Es konnte aber nicht genau sagen, ob Nico N. eventuell nur gegen den Sitz des Fahrzeugs „tätlich geworden“ sei. Ein Psychologe, der den Sechsjährigen an zwei unterschiedlichen Tagen nach dem vermeintlichen Vorfall befragte, erinnert sich vor Gericht: „Beim ersten Mal hat Leon einen Klaps bestätigt. Er erzählte, er sei traurig gewesen, weil er nicht mit der Mama in den Zooladen durfte und habe geweint. Deshalb musste er das Auto verlassen.“ Beim zweiten Gespräch habe Leon jeglichen Schlag verneint.

Sandy S., ihre Kinder sowie der Lebensgefährte würden schon länger vom Jugendamt betreut, so der Psychologe. Vor dem Familiengericht sei ein Verfahren geführt worden, das klären sollte, ob die Mutter ausreichend mit der Erziehung klarkäme. Hintergrund sei die schwere Misshandlung der kleinen Lara in der Vergangenheit gewesen. Der Arzt habe ein Schütteltrauma und eine Schädelfraktur bei dem Baby festgestellt. Wer dem Kind diese Verletzungen zufügte, sei nicht festzustellen gewesen. Leon hingegen habe eingeräumt, Nico N. würde ihm öfter Ohrfeigen geben. Als dem Jugendamt der vermeintliche Vorfall im Auto zu Ohren kam, wurden beide Kinder in betreuten Einrichtungen untergebracht. Inzwischen seien Leon und Lara wieder zu Hause. „Das war eine Entscheidung mit viel Bauchschmerzen. Jetzt wird ein möglichst enges Kontrollnetz um die Familie gestrickt“, so der Sachverständige. Das Gericht hat Vertrauen in die positive Entwicklung, stellt das Verfahren gegen Nico N. wegen Körperverletzung ein. (*Namen geändert.) Hoga

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