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Links und rechts der Langen Brücke: Seiltanz mit Zielvorgabe

Michael Erbach hofft bei der dritten Abstimmung über den Landtagsneubau auf die Vernunft der Stadtverordneten

Potsdams PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg ist derzeit nicht zu beneiden. Große Teile der Basis – die oft aus rein ideologischen Gründen gegen einen Landtagsneubau auf dem Schlossgrundstück sind – sitzen ihm im Nacken. Andererseits will er nicht als Verhinderer in die Stadtgeschichte eingehen. Vielmehr noch: Er muss sich als gestaltungsfähig beweisen – nur so kann er sich für höhere Weihen empfehlen, nur so macht er die PDS auf Stadt- wie auf Landesebene für künftige Koalitionen hoffähig. Nicht umsonst drängt ja die Landes-PDS auf ein Einlenken der Potsdamer Genossen. Scharfenbergs Ausweg: Dem Bebauungsplanentwurf zum Landtagsneubau wird ein Begleitbeschluss hinzu gefügt – mit den Bedingungen der PDS für eine Zustimmung. Mal abgesehen davon, dass sich das Mitleid mit Scharfenberg bei vielen Stadtpolitikern arg in Grenzen hält, manch einer jetzt auch von Erpressung sprechen mag – der Seiltanz des Genossen Scharfenberg sollte so ernst genommen werden, wie er gemeint ist. Ohne konkrete Gegenleistung für eine Zustimmung zum Landtag verliert er den Halt bei der Basis. Aber jetzt kommt es zunächst darauf an, wie die anderen Fraktionen auf die PDS reagieren. Scharfenberg muss das Kunststück vollbringen einen Begleitbeschluss zu formulieren, der konkrete Ergebnisse zur Folge hat, der aber für andere annehmbar bleibt. Das scheint möglich, denn sowohl die von der PDS geforderte Sanierung der Stadt- und Landesbibliothek und des Alten Rathauses widersprechen nicht den städtebaulichen Zielen. Und dass die Friedrich-Ebert-Straße für den Verkehr offen bleiben soll, ist auch denkbar. Wenn man bedenkt, welche Wende die PDS vollführt und wenn man weiß, was dafür gewonnen werden kann, sollte Vernunft die Devise für den kommenden Mittwoch sein. SPD und CDU stehen zur B-Planauslegung, größere Teile der PDS könnten hinzu kommen. Und auch die Grünen, wenn sie vernünftig sind. Denn nur bei einem Ja besteht überhaupt die Chance, einen wenigstens schlossähnlichen Landtag zu bekommen. Beschweren muss sich niemand über die entstandene Situation: Die anderen Fraktionen hatten es schon zweimal selbst in der Hand, den B-Plan durchzusetzen – ohne PDS. Beim dritten Mal geht es eben nur mit ihr – unter ihren Bedingungen.

Michael Erbach

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